Die Katastrophe geschah Dienstagnacht vergangener Woche: Der Öltanker „Kaptanoglu“ ankerte 200 Meter vor der Ostküste Zyperns, um ein Ölkraftwerk vom Energiekonzern „Aksa Enerji“ auf dem Festland mit Schweröl zu beliefern. Da die Pipeline, durch die das Öl vom Tanker zum Kraftwerk floss, ein Leck hatte, sind rund 100 Tonnen Schweröl ins Meer ausgetreten. Offenbar bemerkten in der Dunkelheit zunächst weder die Besatzung des Tankers noch das Kraftwerkspersonal den Defekt der Pipeline. Bald darauf wurden von „Aksa Enerji“ schwimmende Barrieren im Meer ausgelegt, um den Ölteppich von ungefähr sieben Kilometern Radius zu stabilisieren und an einer Ausbreitung zu hindern. Trotz der Barrieren wurden Teile der Küste bereits mit Öl verschmutzt. Mittlerweile wurden Spezialschiffe angefordert, um das Öl abzusaugen. „Die Aufräumarbeiten sind kompliziert und könnten katastrophale Konsequenzen für die steinigen Strände haben“, sagt die griechisch-zyprische Umweltkommissarin Ioanna Panayiotou. Weitere Informationen zum aktuellen Stand der Aufräumarbeiten findet sich unter hier.
Die betroffene Küstenregion südlich der Karpas-Halbinsel im Osten Zyperns ist weitgehend unberührt und ökologisch wertvoll. Die Strände werden von verschiedenen Tierarten, unter anderem Meeresschildkröten und Mönchsrobben, als Lebensraum genutzt. Gerade jetzt zwischen Juli und August kommen die Meeresschildkröten wie jedes Jahr an die Strände von Karpas zurück um Eier zu legen. Sollte der Ölteppich diese Küstenabschnitte erreichen, sind mehrere Generationen der seltenen Meeresschildkröte bedroht. Befürchtet wird auch, dass die Chemikalien das Plankton vergiften könnten. Das würde sich durch die gesamte Nahrungskette ziehen und alle Organismen vergiften, die sich davon ernähren. Weiter dürften unzählige Wasservögel verenden, entweder durch kontaminierte Nahrung oder durch vom Schweröl verklebtes Gefieder. Zudem ist die Tourismusindustrie auf Gäste während der Sommerferien angewiesen.
"Grösste Umweltkatastrophe in der Geschichte der Insel Zypern"
Verband türkisch-zyprische Biologen (spiegelonline.de)
Erstaunlich ist einmal mehr, dass sich die lokalen Behörden und Betreiber regelmässig von solchen Unfällen überraschen lassen. Häufig sind an Orten, die für einen Ölunfall potentiell gefährdet oder die ökologisch sensibel sind, weder geeignetes Material noch Know-How vorhanden, um eine Ölpest rasch und effizient zu bekämpfen. Weshalb bereiten sich die Verantwortlichen nicht anhand eines Worst-Case-Szenarios auf solche Unfälle vor und stellen geeignetes Material zur Verfügung? Da diese Massnahmen einen Kostenfaktor darstellen, will sie niemand übernehmen. Bei diesem Unfall kam erschwerend hinzu, dass Zypern geografisch, nicht aber politisch eine Einheit bildet. Das türkisch regierte Nordzypern, wo sich der Unfall ereignet hat, hat zunächst ein Hilfsangebot vom griechisch regierten Südzypern abgelehnt. Später musste sich Nordzypern eingestehen, mit der Katastrophe alleine überfordert zu sein und es doch besser wäre, das Hilfsangebot des Erzfeindes aus dem Süden anzunehmen. In dieser Zeit hat sich der Ölteppich gemächlich weiter ausgebreitet...
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