Fisch ist für über 70% der Weltbevölkerung die wichtigste Proteinquelle überhaupt. Doch wie lange noch? Viele Fischarten sind aufgrund von Überfischung, Meeresverschmutzung und der globalen Erwärmung vom Aussterben bedroht. Deshalb kommen immer mehr Fische aus Fischzuchten auf unsere Teller. Die industriellen Fischzuchten sind jedoch keine Alternative zur Überfischung: Das eingesetzte Futter, zum Grossteil Fischmehl, stammt hauptsächlich aus der Fischerei und fördert somit den Raubbau an den Meeren. Damit dem Futter möglichst wenig Fischmehl beigemischt werden muss, ist die Auswahl der Fischart entscheidend. Raubfische wie Lachs, Forelle oder Kabeljau verlangen einen hohen Prozentsatz an Fischmehl im Futter, nicht-räuberische Arten wie Tilapia, Karpfen oder Pangasius können komplett mit pflanzlichen Eiweissen ernährt werden. Bei einem Preis von aktuell 1320.- Euro pro Tonne Fischmehl ist diese Massnahme ökonomisch sinnvoll. Ökologisch dagegen ist sie ein Desaster. In modernen Aquaponic-Anlagen wird meist die nicht-räuberische Art Tilapia, eine schnellwachsende Buntbarschart aus Afrika, eingesetzt.
Aquaponic ist eine Polykultur von Fischzucht und Nutzpflanzen. Diese Komponenten sind miteinander über einen gemeinsamen Wasser- und Nährstoffkreislauf verbunden. Ausgangspunkt ist der Fischtank. Mit dem Fischfutter werden Nährstoffe ins System eingebracht. Das Futter wird von den Fischen gefressen und ein Teil davon als Kot wieder ans Fischwasser abgegeben, der die Pflanzen düngt. So können sämtliche im Fischfutter enthaltenen Nährstoffe genutzt werden. Die Nahrungsaufnahme der Pflanzen wiederum reinigt das Wasser, welches teilweise wieder dem Fischtank zugeführt wird. Durch die Schliessung des Nährstoff- und Wasserkreislaufes können natürliche Ressourcen geschont und negative Auswirkungen von intensiven Fischzuchten wie die Eutrophierung (Anreicherung mit Nährstoffen) von Gewässern vermieden werden. Gegenüber konventionellen Pflanzenkulturen im Boden verringert sich bei Aquaponic der Wasserbedarf um mindestens 80 bis 90 Prozent, da das Wasser im Kreislauf zirkuliert. Gleichzeitig entstehen biologische Produkte, da beispielsweise der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ausgeschlossen ist. Diese Stoffe würden sonst in die Fischzucht gelangen und die Fische schädigen.
"Damit können wir 200 Menschen ein ganzes Jahr lang ernähren."
Roman Gaus, CEO Urban Farmers, über eine 500 Quadratmeter grosse Aquaponic-Anlage
Für den Aufbau und den Betrieb von Aquaponic-Systemen ist ein grosser technischer Aufwand und viel Spezialwissen nötig. Auf Erfahrungswerte kann nur bedingt zugegriffen werden. Nur die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft ZHAW forscht seit dem Jahr 1999 intensiv im Bereich Aquaponic und veröffentlicht Publikationen auf der Website von Aquaponic. Das einzige Schweizer Unternehmen, das zurzeit den kommerziellen Einsatz von Aquaponics vorantreibt, ist das Zürcher Start-up Urbanfarmers. Das Unternehmen verfolgt die Idee, die Nahrungsmittelproduktion in den urbanen Raum zu verlagern und hat in Basel auf einem Flachdach im Industriegebiet eine weltweit einzigartige Aquaponic-Anlage installiert. Die futuristisch anmutende Installation hat schweizweit Aufmerksamkeit erlangt.
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