Es ist nicht neu, dass sich an Grossveranstaltungen viel Abfall anhäuft. Was nun aber in Frauenfeld passiert ist, übersteigt das Übliche. Zum liegengelassenen Abfall kam Vandalismus dazu. Noch brauchbare Zelte, Stühle und sonstige Gegenstände wurden zerbrochen, zerrissen, demoliert. Die möglichen Gründe sind vielfältig. Die einen vermuten, dass es an der Erziehung liegt: Die Eltern der meist jugendlichen Besucher habe es verpasst, Anstand zu lehren. Sie seien Vorbild für die Verschwendung und die mangelnde Sorgfalt mit Gegenständen. Schuld sei auch die schlechte Qualität insbesondere der Zelte, die schnell unbrauchbar würden, besonders nun auch wegen des schlechten Wetters. Aber einfach deswegen liegen lassen? Nicht zu unterschätzen ist der Gruppendruck. Die Besucher wollen feiern, Spass haben, sich stark fühlen. In der Regel sind auch Alkohol und Drogen im Spiel. Nur das Zusammengehörigkeitsgefühl zählt, sich zurückhalten kann und muss man sich dann wieder im Alltag. So what?
Billigwaren sind eine Seite der Problematik, sie fördern die Wegwerfmentalität: was wenig kostet ist wenig wert und kann getrost nach einmaligem Gebrauch, auch wenn es noch funktionstüchtig wäre, in den Abfall wandern. Ein neues Bewusstsein für Qualität und Wertschätzung von Waren tut not.
Anreize für die Abfallverminderung gibt es nur zaghaft und an Aufrufen zu rücksichtsvollem Verhalten fehlt es eigentlich nicht. Auf den Internetseiten von Grossveranstaltungen wird auf das Thema Abfall hingewiesen, wenn manchmal auch nur eher beiläufig. Zum Beispiel steht auf der Seite der Street Parade: „Stadt sauber halten: Müll gehört in die dafür bereitgestellten Behälter geworfen und auf keinen Fall in Gebüsche oder auf Parkflächen.“
An manchen Festivals ist die Entsorgung bereits im Ticketpreis inbegriffen. Aber berechtigt es dazu, den Abfall irgendwo liegen zu lassen und nicht in dafür bereitgestellte Kübel zu werfen? Irgendwie erinnert es an die CO2-Kompensation und das damit verbundene vermeintliche Recht, zu verschmutzen. Man hat ja dafür bezahlt. Auch hier könnte man von Verdreckungsrechten reden. Offenbar wird das von vielen so ausgelegt und zeugt von Rücksichtslosigkeit und Überheblichkeit gegenüber den Aufräumequipen, aber auch gegenüber der Natur; denn zum Beispiel in Frauenfeld befindet sich das Gelände in einem empfindlichen Naherholungsgebiet, angrenzend an ein Naturschutzgebiet.
Depotgebühren sind hilfreich. In Frauenfeld müssen Besucher, die mehrere Tage bleiben, einen Abfallsack gegen ein Depot von CHF 10.- kaufen. Das Depot wird gegen Abgabe des vollen Sackes zurückerstattet. Beim Greenfield Festival in Interlaken wird es auch so gehandhabt. Auf dem Gurten in Bern geht man einen anderen Weg: ein 35-Liter-Abfallsack wird gratis abgegeben. Beim Zurückbringen des gefüllten Sackes, wird ein Überraschungsgeschenk überreicht. Clever ist auch die Idee „Aus Geschirr wird Strom“: Teller und Besteck sind aus nachwachsenden Rohstoffen produziert. Nach Rückgabe wird es zusammen mit übrigem brennbarem Abfall des Festivals in der Energiezentrale Forsthaus zu Strom und Wärme genutzt.„Wo viele Menschen sind, wird viel Abfall produziert. Zum Wohle aller, aber auch unserer Umwelt zuliebe, bitten wir Euch um aktive Unterstützung ….“
(Internetseite des Openairs Frauenfeld)
In der Presse war dann auch davon die Rede, dass der Abfall am Gurtenfestival kein Thema war und die Bilanz positiv sei.
Die Veranstalter haben die Problematik erkannt und versuchen mit Depotsystemen und Anreizen den Abfall zu reduzieren oder wenigstens das Littering zu verringern. Auswüchse lassen sich offensichtlich nicht vermeiden. Es ist wohl auch ein gesellschaftliches Problem. Das Bewusstsein in der Bevölkerung (und nicht nur bei der jüngeren Generation) über den Umgang mit selbst verursachtem Abfall muss gestärkt werden. Denn die Schweiz steht auf der Rangliste der Müllberge in Europa ganz vorne. Verantwortlich sind wir alle.
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