Anforderungen an Pisten setzen Lebensräume unter Druck

Pistenfahrzeuge können bei dünner Schneedecke die alpine Flora schädigen. Pistenfahrzeuge können bei dünner Schneedecke die alpine Flora schädigen.

Über 13‘000 Kilometer markierte Pisten zum Skifahren, Langlaufen oder Schlitteln gibt es in der Schweiz. Diese prägen das Bild der alpinen Landschaft. Pistenplanierungen und -präparierung setzen die natürlichen alpinen Lebensräume unter Druck. Sowohl deren Wiederherstellung als auch deren Ersatz ist oft schwierig oder gar unmöglich. Durch gezielte Massnahmen, auch im Bereich der Pistenpräparierung, können die Umweltauswirkungen verringert werden.

Wertvolle alpine Vielfalt

Das Relief der Alpen erzeugt durch seine unterschiedlichen Mikroklimata ein Mosaik aus Kleinlebensräumen, in denen eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt gedeiht: Etwa ein Drittel aller Blütenpflanzen kommt ausschliesslich in den Alpen vor. Die Biodiversität in den Bergregionen ist noch in einem besseren Zustand als im Mittelland, weshalb die Schweiz eine besondere Verantwortung beim Schutz dieser Lebensräume trägt. Das Mosaik an Lebensräumen bildet eine attraktive Landschaft, in der wir Erholung, aber auch Vergnügung suchen. Die für den Wintersport ausgerichteten Tourismusorte mit ihren städtischen Siedlungen, planierten Pisten und gerodeten Waldschneisen stören das Bild der unberührten Bergwelt. Wir empfinden die Landschaft als verschandelt.

Zahlreiche Ansprüche an Pisten

Pisten müssen einer Vielzahl von Anforderungen genügen und werden daher nach wie vor planiert - trotz bekannter Umweltauswirkungen. Die Pistenpräparierung muss möglichst einfach sein. Unebenheiten und potentielle Gefahrenstellen werden beseitigt, damit die Sicherheit für die Schneesportlerinnen und Schneesportler gewährleistet ist. Pisten müssen breit genug sein für den grossen Ansturm begeisterter Unterländer. Sie müssen aber vor allem möglichst glatte Oberflächen aufweisen, worauf die künstliche Beschneiung angewiesen ist. Im Gegensatz zu den Pisten werden Langlaufloipen und Winterwanderwege meist auf bestehenden Wegen eingerichtet, eine eigentliche Planierung ist nicht erforderlich.

Weitreichende Folgen für die Natur

Die Planierung und Präparierung von Pisten hat weitreichende Konsequenzen für den Wasserhaushalt, den Boden, die Flora, die Fauna und den Wald. Baumaschinen zerstören den dünnschichtigen Boden und die karge Vegetation, die als Erosionsschutz dient. Eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) untersuchte, wie der Deckungsgrad der Vegetation das Ausmass der Erosion beeinflusst. Experimente zeigten eindrücklich, wie wichtig die Vegetation für die alpinen Böden ist. Je höher der Deckungsgrad ist, desto weniger Bodenteilchen wurden vom Wind weggetragen: Bei einem mittleren Deckungsgrad von 15 Prozent sind es 800 mal weniger, bei einem hohen Deckungsgrad von 20 Prozent bis zu 4000 mal weniger Teilchen als auf einer unbewachsenen Kontrollfläche. Die Forschenden heben hervor, dass beschädigte Flächen umgehend wieder begrünt werden sollten, um den Erosionsschutz zu gewährleisten. Jedoch ist die Wiederherstellung von natürlichen Lebensräumen in den Alpen aufgrund der herrschenden Bedingungen schwierig, wenig erfolgversprechend und kostenintensiv. Nicht nur bei der Planierung werden die alpinen Pflanzen beeinträchtigt, auch bei der Präparierung bei zu dünner Schneedecke können sie beschädigt werden. So wurden denn auch in einer weiteren WSL-Studie weniger Holzpflanzen auf jenen Pisten gezählt, die bei ungenügender Schneedecke präpariert wurden. Die Auswirkungen auf die Vegetation sind weitreichend: Auf präparierten Pisten schmilzt der Schnee später im Jahr, was frühblühende Pflanzenarten negativ beeinflusst. Der Effekt der verspäteten Schneeschmelze ist bis in den Sommer hinein feststellbar. Da die Vegetationszeit im alpinen Bereich von Natur aus kurz ist, setzt eine verspätete Schneeschmelze die Alpenpflanzen zusätzlich unter Druck, wenn sich der Boden später erwärmt und damit erst später im Jahr für das Wachstum der Pflanzen geeignet ist. Planierte Flächen sind artenarmer als nicht planierte.
Für den Bau von Pisten wird unterhalb der Waldgrenze gerodet. Dies zerstört gewachsene Strukturen und beeinträchtigt die natürliche Funktion des Waldes. Dadurch erhöht sich der Anreiz, abseits der Piste durch den Wald zu fahren. Dabei werden nicht nur Bäume beschädigt, sondern auch die Wildtiere gestört. Zum Schutz der Wildtiere werden Wildschutzzonen eingerichtet, in denen das Betreten und Befahren verboten ist. Es ist besonders wichtig, diese Zonen weder zu betreten, noch zu befahren; denn die Flucht zehrt an den Energiereserven der Tiere, die in der kargen Jahreszeit sorgsam damit umgehen müssen.

„Unbestritten ist, dass die Landschaft und eine intakte Natur das wichtigste Kapital des Tourismus in den Bergen ist.“
Seilbahnen Schweiz

Umweltfreundlich präparieren

Auch im Rahmen der Pistenpräparierung lässt sich einiges für die Umwelt herausholen. „Wir verwenden Diesel mit AdBlue-Zusatz für unsere Pistenfahrzeuge. AdBlue ist eine Harnstofflösung, welche in einer chemischen Reaktion die Stickoxide bindet und deren Ausstoss verringert wird. Diese Technologie ist bei allen unseren neuen Fahrzeugen Standard“, erklärt Bärti Durrer, Pistenchef des Skigebiets Melchsee-Frutt gegenüber umweltnetz-schweiz. „Die Motoren dieser Fahrzeuge sind sparsamer als früher, und deshalb ersetzen wir alte Fahrzeuge durch neue, effizientere Maschinen“, erläutert er weiter. „Wir instruieren die Fahrer, umweltfreundlich zu fahren. Dazu gehört, den Motor nicht laufen zu lassen, um ihn warm werden zu lassen. Um diesen zu schonen, fahren wir langsamer an und lassen dabei den Motor warm werden, statt von Anfang an mit voller Kraft zu fahren. Wir koordinieren unsere Fahrten, indem wir Materialtransporte mit der Pistenpräparierung kombinieren, und planen die Pistenpräparierung so, dass es möglichst wenig überlappende Stellen gibt. Dies dient nicht nur dem Umweltschutz, es ist auch eine wirtschaftliche Frage, denn auf diese Weise können wir den Dieselverbrauch senken.“

Die Natur als touristisches Kapital

Die Branche Seilbahnen Schweiz ist sich bewusst, dass sie sich in einem Spannungsfeld von Schutz und Nutzen der Natur befindet. „Unbestritten ist, dass die Landschaft und eine intakte Natur das wichtigste Kapital des Tourismus in den Bergen ist“, schreibt sie auf ihrer Webseite. Manchenorts hapert es (noch) an der Umsetzung dieser Werthaltung in die Praxis, bedenkt man die zahlreichen Ausbaupläne vieler Wintersportorte. Da darf man sich fragen, ob sich die verantwortlichen Planer dem Wert einer intakten Natur und Landschaft tatsächlich bewusst sind.

In der dritten Folge der Wintersportserie gehen wir Fragen zum Thema Energie- und Wasserverbrauch für den Wintersport nach.

Weitere Informationen:
Respektiere deine Grenzen - Wintersport ausüben mit Rücksicht

                                                   

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