Angst vor Umweltkatastrophen
„Millionen Liter Öl aus Pipeline in Israel ausgelaufen“, schrieb die Aargauer Zeitung am 4. Dezember. Das Öl ist durch ein Leck ausgelaufen, das bei Reparaturarbeiten an der Pipeline entstanden ist. Dies habe eine der schlimmsten Umweltkatastrophen des Landes ausgelöst, wie das israelische Umweltschutzministerium mitteilte. Immer wieder ereignen sich beim Transport von Erdöl Unfälle mit gravierenden Folgen für die Umwelt. Das befürchten auch die Gegner der geplanten nordamerikanischen Keystone XL Pipeline, die Rohöl aus den Ölsandfeldern in der kanadischen Provinz Alberta an die Golfküste transportieren soll. Der amerikanische Senat hat sich sehr knapp gegen den Bau ausgesprochen, dennoch ist das Projekt noch nicht vom Tisch; denn mit den Neuwahlen in den USA könnte es zu einem Kurswechsel kommen. Sollten die Republikaner die Mehrheit im Senat stellen, wird das Projekt wieder auf der politischen Agenda stehen.
Ölsandpipelines sind gefährlicher
Pipelines sind nichts neues, die erste Ölpipeline in der Geschichte wurde schon 1879 in Betrieb genommen, seither sind tausende Kilometer Pipelines auf allen Kontinenten in Betrieb. Die grössten Gefahren einer Ölpipeline gehen von Lecks aus. Dabei treten riesige Mengen Rohöl aus und verschmutzen die Umwelt, können ins Grundwasser gelangen und Lebewesen fallen ihnen zum Opfer. Lecks können auch durch Dritte verursacht werden, beispielsweise wenn bei Bauarbeiten nicht bekannt ist, dass sich im Boden Rohre befinden, oder wenn die Pipelines illegal angezapft werden. Das aus umweltschützerischer Sicht riskante an der Keystone XL Pipeline ist, dass sie wichtige Grundwassergebiete quert, die sauberes Trinkwasser für die Bewohner und die Landwirtschaft in den Great Plains liefern. Die Angst vor einem Leck in diesem Gebiet ist demensprechend hoch. Andererseits ist das Rohöl, das durch diese Pipeline transportiert werden soll, kein gewöhnliches Rohöl. Es handelt sich um zähflüssiges Bitumen, das beim umweltschädlichen Ölsandabbau extrahiert wird. Es wird in verdünnter Form transportiert, dem sogenannten „diluted bitumen“, auch „dilbit“ genannt. Verglichen mit dem gewöhnlichen Rohöl ist es saurer, enthält mehr Schwefel, erhitzt beim Transport die Rohre und enthält scheuernde Materialien wie Quartz-Partikel. Diese Eigenschaften erhöhen das Korrosionsrisiko und somit die Ausbildung eines Lecks. Ausserdem ist dilbit 40- bis 70-mal zähflüssiger als gewöhnliches nordamerikanisches Rohöl. Deshalb müssen die Ölsandpipelines mit höherem Druck arbeiten, um dilbit zu transportieren, was wiederum das Risiko eines Pipeline-Bruchs erhöht.
„Jede Beförderungsart hat ihre Albtraumszenarien.“
Avrom Shtern, Bahntransportexperte
Die Aufräumarbeiten nach einem Unfall gestalten sich schwieriger als wenn gewöhnliches Rohöl ausgelaufen ist: Im Jahr 2010 ist eine Ölsandpipeline der Firma Enbridge in Michigan gebrochen, dabei sind mehr als 3,5 Millionen Liter dilbit ausgelaufen und haben einen Fluss und einen See verschmutzt. Das Problem ist, dass dilbit in Gewässern absinkt, was die Aufräumarbeiten erschwert.
Dem hält die Bauherrin TransCanada entgegen, sie baue die sicherste Pipeline Nordamerikas und statte diese mit zusätzlichen Beschichtungen aus, die eine Korrosion verhinderten, ausserdem würde sie die Pipeline dauernd überwachen. Pipeline-Unterstützer monieren, wenn Kanada die Pipeline an die Golfküste nicht bauen dürfe, so werde es das Rohöl einfach nach Asien exportieren.
Kanada hat dabei auch schon einen Plan in der Pipeline: Die Firma Enbridge soll die sogenannte Northern Gateway Pipeline bauen, die Rohöl aus den Ölsandfeldern in den Hafen von Kitimat an der Westküste Kanadas transportieren soll. Dort soll das Rohöl auf riesige Tanker verladen werden. Jährlich sollen dann über 200 dieser Ungetüme durch die zerklüftete Küstenlandschaft fahren, um das Rohöl nach Asien und Kalifornien zu befördern. In diesen Fjorden ist oft schlechte Sicht und trügerische Unterwasserhindernisse erschweren eine sichere Fahrt hinaus in den offenen Ozean. Ein Tankerunglück würde auch den geschützten Great Bear Rainforest bedrohen, wo der seltene Kermode-Bär lebt. Gegen die Pipeline und den Tankerverkehr wehren sich die First Nations Völker, aber auch die Mehrheit der Bewohner Britisch-Kolumbiens ist dagegen. Sie alle fürchten einen Tankerunfall wie ihn 1989 die Exxon Valdez in Alaska auslöste. Noch heute haben sich die Heringbestände nicht erholt, wie Greenpeace schreibt.
Öltransport per Bahn auch nicht ungefährlich
Eine andere Möglichkeit, Rohöl zu transportieren, ist die Bahn. Mitte Dezember 2013 eröffnete die Firma Canexus Corp. ein Bahnterminal, um Rohöl aus den Ölsandfeldern in die USA zu transportieren. Der Vizepräsident der Firma, Jamie Urquhart, sagte gegenüber den Platts Commodity News, die Firma beabsichtige, zu Beginn 62‘400 Fässer dilbit pro Tag zu transportieren und bis Mitte Juli 2014 die Menge auf 98‘100 Fässer zu erhöhen. Es zeigte sich jedoch, dass der Betrieb des Terminals unterbudgetiert war und lediglich 31‘000 Fässer pro Tag transportiert werden konnten. Die Transportkosten per Bahn sind höher als diejenigen für die Pipelines. Zudem bestehen auch bei dieser alternativen Transportweise Unfallrisiken: Im Juli 2013 explodierten vier Wagen eines 72 Wagen langen Ölzugs im kanadischen Lac-Mégantic, nachdem dieser entgleist war. 47 Menschen starben und das Zentrum der Stadt wurde zerstört.
Erneuerbare Energien statt Öltransporte
Wie Avrom Shtern, Experte für Bahntransportrichtlinien nach dem Unfall in Lac-Mégantic gegenüber der Montreal Gazette sagte: „Jede Beförderungsart hat ihre Albtraumszenarien. Dies ist diejenige für die Eisenbahnen“, gibt es keine hundertprozentig sichere Form des Öltransports. Statt Unsummen Geld in den Transport fossiler Energieträger und der Minimierung von Umweltrisiken zu buttern, sollte das Geld sowohl in die Erforschung und den Ausbau erneuerbarer Energien als auch die Energieeffizienz investiert werden. Der Anteil alternativer Transportmittel sollte gesteigert werden, um uns aus der Abhängigkeit von Erdöl und insbesondere den umweltschädlichen Ölsanden zu lösen.
Weitere Informationen:
Dokumentarfilm „Ölsand – der dreckige Reichtum Kanadas“ (3sat Mediathek)
Wachstum der Ölsandfördergebiete im Zeitraffer (GoogleMaps Engine)
Kampagne gegen Teersande (Greenpeace Canada, Englisch)
Gefahren von Pipelines und Tankern (Natural Resources Defense Council, Englisch)
10 Gründe gegen die Keystone XL (Tarsandsblockade.org, Englisch)
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