In Stoff schnäuzt sich's rauer, aber ökologischer

Jährlicher Pro-Kopf Verbrauch in der Schweiz: 21 Kilogramm Tissueprodukte. Jährlicher Pro-Kopf Verbrauch in der Schweiz: 21 Kilogramm Tissueprodukte.

Taschentücher haben besonders im Winter Hochkonjunktur, wenn Erkältungen und Grippe um sich greifen. In der Schweiz sieht man vor allem Taschentücher aus Papier in Gebrauch. Umweltnetz-schweiz zeigt, dass ihre Geschwister aus Stoff ökologisch meist die Nase vorn haben. Papiertaschentücher sind nur eine Alternative, wenn sie aus recyceltem Papier gefertigt wurden. 

Seit Monaten niest, schnäuzt und hustet es wieder im Büro oder im Bus, Erkältungen und Grippe machen im Winter besonders die Runde. Und fast jeder Betroffene greift dann zum Taschentuch, um sich die Nase zu putzen oder die Augen zu wischen. Umweltnetz-schweiz hat sich gefragt: Was ist ökologischer, das Stoff- oder das Papiertaschentuch?

Mehr Stoff am Knochen

Sind die Stofftaschentücher aus biologischer Baumwolle gefertigt und werden schonend gewaschen, haben sie tendenziell die Nase vorne. Wer nicht auf Papiertaschentücher verzichten möchte, sollte unbedingt zur Version aus recyceltem Papier greifen; diese brauchen viel weniger Ressourcen und Energie zur Herstellung als diejenigen, die aus frischem Zellstoff gefertigt werden.

21 Kilogramm Tissueprodukte jährlich

In der Schweiz machen Haushalts- und Hygienepapier (darunter Taschentücher) laut einer WWF-Studie von 2009 mit 21 Kilogramm pro Person knapp zehn Prozent des jährlichen Papierverbrauchs aus. „Diesen Tissueprodukten kommt besondere Bedeutung zu, da sie sich nicht recyceln lassen und ihr Verbrauch sowohl in der Schweiz als auch weltweit steigt“, kommt die Studie zum Schluss. In der Schweiz ist der Verbrauch in den letzten zehn Jahren fast um einen Viertel gestiegen. In Europa machen Taschentücher dabei rund einen Achtel der verbrauchten Tissueprodukte aus. Die WWF-Studie zeigt: Zellstoff für Tissueprodukte kommt zu einem grossen Teil aus Brasilien und auch mehr als zwei Drittel der in der Schweiz konsumierten Tissueprodukte werden importiert.

„Erst wenn keine Alternativen aus Recyclingfasern verfügbar sind, sollte auf Tissueprodukte aus Frischfasern zurückgegriffen werden.“
WWF-Studie

Taschentuch-Hersteller beziehen oft Zellstoff aus umstrittenen Quellen, häufig aus Plantagen auf Regenwaldgebiet. Robin Wood setzte sich zum Beispiel über Jahre dafür ein, dass Tempo-Hersteller SCA auf Zellstoff des Herstellers Aracruz mit seinen riesigen Eukalyptusplantagen in Brasilien verzichtet. Obwohl die Umweltorganisation 2010 damit erfolgreich war, empfiehlt sie wie auch die WWF-Studie, wenn immer möglich auf Recyclingpapier zurückzugreifen. Es sei aus Umweltschutzsicht die erste Wahl. Eine Ökobilanz zeige auf, dass Toilettenpapier aus Recyclingfasern eine drei- bis fünfmal tiefere Umweltbelastung aufweise als solches aus Frischfasern. „Erst wenn keine Alternativen aus Recyclingfasern verfügbar sind, sollte auf Tissueprodukte aus Frischfasern zurückgegriffen werden“, empfiehlt sie. Die Frischfasern sollten dabei FSC zertifiziert und damit aus ökologisch und sozial vorbildlicher Bewirtschaftung sein. Denn Taschentücher sollten aus Hygienegründen weder im Kompost noch im Altpapier entsorgt werden, wie Zeit Online schreibt. Hier hilft nur der Abfallsack. Und dieser Einweg-Gebrauch wiegt umso schwerer, wenn die Taschentücher aus hochwertigen Zellstofffasern aus frisch gefällten Bäumen bestehen.

Sie wollen gewaschen werden

Stofftaschentücher haben hier einen grossen Vorteil: Sie können mehrere hundert Male wiederverwendet werden. Bei ihnen stellt sich allerdings zunächst die Frage: Aus welcher Baumwolle sind sie hergestellt? Die ökologisch vorbildlichere Bio-Baumwolle macht auf dem Baumwoll-Weltmarkt einen verschwindend kleinen Teil aus. Ein kurzer Blick auf Webseiten bekannter Anbieter von Bio- und Fairtrade-Kleidung zeigt: Es ist gar nicht so einfach, Stofftaschentücher in Bioqualität zu finden. Doch hier leistet bestimmt Grossmutters Kommode oder das Brockenhaus Abhilfe. Denn konventionelle Stofftaschentücher sind nicht wirklich eine Alternative: Kunstdünger, Pestizide, enormer Wasserverbrauch, der vermehrte Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen sowie die ebenfalls Ressourcen verschleissende Weiterverarbeitung drücken auf die Umwelt.

Dass Stofftaschentücher gewaschen werden wollen, ist ihr Vor- und Nachteil zugleich. Denn zwar können sie dadurch wiederverwendet werden, aber auch das Waschen der Tücher verbraucht insbesondere Energie und Wasser. Wer bei möglichst niedrigen Temperaturen wäscht, ein umweltfreundliches Waschmittel benutzt, die Tücher an der Luft trocknet, eine energieeffiziente Waschmaschine besitzt und möglichst auf das Bügeln der Taschentücher verzichtet, kann hier einiges an Energie und Ressourcen einsparen.

Ein relativ neuer Brauch

Sich die Nase mit einem Taschentuch zu putzen, verbreitete sich übrigens erst im 18. Jahrhundert auf breiter Basis; vorher war das Stofftuch zunächst über Jahrhunderte vor allem Ziergegenstand des Adels und die Nase liess sich auch mit den Fingern schnäuzen. 1894 meldete der Inhaber einer deutschen Papierfabrik zum ersten Mal ein Patent für ein glyceringetränktes Papier-Taschentuch an. Diese neuen Taschentücher lösten die traditionelle Variante aus Stoff Stück für Stück ab. Umweltnetz-schweiz empfiehlt, wieder vermehrt zum klassischen Stofftaschentuch zu wechseln. Wird dieses aus nachhaltiger Quelle besorgt und ökologisch versorgt, sind sie eine schicke, ökologische Alternative zu den Einwegtüchern aus Papier.

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