Schon die Römer beeinflussten ihre Umwelt
Die Abholzung und Entwaldung des Mittelmeerraums durch die Römer ist das erste, was einem in den Sinn kommt im Zusammenhang mit Umwelt und Römer. Die römische Wirtschaft verbrauchte riesige Mengen Holz als Baumaterial für Gebäude und Schiffe, zum Beheizen der Bäder, zum Kochen, zur Produktion von Metallen, Glas und Keramik. Damit prägte sie den einst bewaldeten Mittelmeerraum nachhaltig.
Das waren aber nicht die einzigen durch die Römer herbeigeführten Veränderungen der Umwelt: Sie leiteten Flüsse und Seen um und legten Sümpfe trocken. Das führte zu Überschwemmungen, Erdrutschen und fruchtbares Land ging verloren.
Bergbau und Verhüttung von Blei, dem beliebtesten Metall zu Römerzeiten, setzten gefährliche Bleigase frei. Die römischen Minenarbeiter bauten es unter widrigsten Arbeitsbedingungen auf der iberischen Halbinsel, dem Balkan, dem alten Griechenland und Kleinasien ab. Blei wurde im römischen Alltag vielseitig eingesetzt, auch in Form von Wasserrohren. Diese Form der Wasserversorgung vergiftete die Menschen schleichend. Unter Forschern ist es umstritten, ob die chronischen Bleivergiftungen auch zum Fall des Römischen Reichs beigetragen haben.
Die Römer urbanisierten ihr Reich: Sie bauten Strassen, Brücken, Wasserleitungen, leiteten Flüsse und Seen um. Und wenn sie in den Krieg zogen, hinterliessen sie verwüstete Landstriche: Sie vernichteten die Ernte auf Feldern, fällten Obstbäume, töteten das Vieh, brannten Höfe nieder und bestreuten Äcker mit Salz, um sie unfruchtbar zu machen.
Die Vorstellung eines romantischen Roms stimmt nicht mit der Realität überein: In den Städten herrschte schlechte Luft und mangelnde Hygiene, Abwässer und Abfälle wurden im Tiber entsorgt und es war lärmig – das Klappern der Wagenräder erschallte Tag und Nacht. Zur Unterhaltung wurden in den römischen Amphitheatern während 700 Jahren Tiere abgeschlachtet. Die übermässige Jagd rottete die Grosstierfauna des Mittelmeerraums aus. Aber nicht nur an Land beuteten die Römer die Wildtierbestände aus – auch das Meer überfischten sie.
Warnungen aus den eigenen Reihen
Der Naturforschende Plinius warnte vor der Umweltzerstörung. Seine Beschreibungen erinnern an die heutige Umweltzerstörung, hervorgerufen durch eine auf Macht und Geld getrimmte Wirtschaft: „Man durchgräbt die Erde auf der Jagd nach Reichtum, weil die Welt nach Gold, Silber, Elektron und Kupfer verlangt – dort der Prunksucht zuliebe nach Edelsteinen und Färbemitteln für Wände und Holz, anderswo um des verwegenen Treibens willen nach Eisen, das bei Krieg und Mord sogar noch mehr geschätzt wird als das Gold“, zitiert Holger Sonnabend aus Plinius’ Naturalis historia. Auch der römische Philosoph und Naturforscher Seneca zeigte die Umweltzerstörung auf und sah im übermässigen Landbesitz, dem Villenbau und der widernatürliche Schlemmerei die Ursachen.
„Man durchgräbt die Erde auf der Jagd nach Reichtum, weil die Welt nach Gold, Silber, Elektron und Kupfer verlangt.“
Plinius in seiner Naturalis historia
Heute noch spürbare Veränderungen
Die Verbrennung der nordafrikanischen Wälder in den römischen Fussbodenheizungen Italiens war irreversibel: Diese Regionen wurden nie wieder bewaldet. Die Entwaldung betrug zu Römerzeiten bis zu 5000 Hektaren jährlich, verglichen mit der heutigen Zeit ist dies sehr gering: Gemäss WWF werden jährlich 13 Millionen Hektar Wald vernichtet. Die mit der römischen Entwaldung verbundene Erosion des fruchtbaren Landes ins Meer hinaus hat heute noch Folgen für die Landwirtschaft in Spanien und Griechenland. Die vom Bergbau verursachten Erdrutsche, Bodeneinstürze, Erschöpfung der Ressourcen und Mondlandschaften sind heute noch in den ehemaligen römischen Fördergebieten erkennbar. Die Metallförderung der Römer führte zur Erschöpfung der Metallvorräte im Mittelmeerraum. Die Tierhetzen in Rom dezimierten die Bestände wilder Tiere oder rotteten sie ganz aus: Die Grosstierfauna vor allem Nordafrikas verschwand – die Löwen in Nordgriechenland, Nilpferde in Unterägypten, Elefanten nördlich der Sahara wurden vollständig ausgerottet.
Wie Die Welt berichtete, konnten Forscher im grönländischen Eis die Luftverschmutzung der Römerzeit nachweisen. Bleikonzentrationen waren zur Römerzeit so hoch wie bis zur industriellen Revolution nicht mehr: Sie lag damals vier Mal höher als der natürliche Wert. Auch begann die Kupferkonzentration vor 2500 Jahren anzusteigen. Erst die Entwicklung umweltschonenderer Schmelztechnik für Metalle im 20. Jahrhundert führte zu einem Rückgang der Luftverschmutzung durch Metalle.
Heute wie damals?
Umweltprobleme wie heute gab es schon zu Römerzeiten. Es gibt jedoch entscheidende Unterschiede zwischen der Antike und der Umweltzerstörung heutiger Tage: Damals waren die Probleme lokal, heute global, sie waren damals nicht existenzbedrohend, heute schon. Damals war die Oberschicht mit ihrer Lebensweise verantwortlich für die Umweltzerstörung, heute ist es jeder einzelne von uns, insbesondere in den Industrieländern. Schon damals zeigte sich aber, dass der Handel mit Holz Regionen entwaldet, die weit entfernt von denen sind, die das Holz verbrauchen. Obwohl im Gegensatz zu Römerzeiten heute ein Umweltbewusstsein in der Gesellschaft zu spüren ist, sind die heutigen Umweltzerstörungen gravierender. Ob die Wechselwirkungen zwischen Kultur und Natur in Umweltzerstörung mündet oder nicht, ist eine Frage der Geschwindigkeit; und die ist heute massiv höher als zu Römerzeiten. Weeber schlussfolgert in seinem Werk „Smog über Attika – Umweltverhalten im Altertum“ über die ökologischen Auswirkungen der antiken Mittelmeervölker: „Die ökologische Krise der Antike im Mittelmeerraum war nur deshalb nicht genauso verheerend wie die heutige, weil das Altertum schlicht nicht über die technischen Möglichkeiten verfügte, die Umwelt so zu belasten, zu schädigen oder zu zerstören, wie es mit den Mitteln unserer Zivilisation möglich ist.“
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