Die diesjährige Ausgabe des bedeutendsten Festivals für den Schweizer Film unterlässt es nicht, unmissverständlich Zusammenhänge aufzudecken und zu dokumentieren. Geduldig erklären die umweltbezogenen Filme Hintergründe und machen die Mechanismen hinter wirtschaftlichen Absichten und ökologischen Folgen sichtbar.
Daniel Schweizer führt seine Zuschauer bei Dirty Gold War zunächst in die Lebenswelt der Yanomami im Amazonasgebiet. Verschiedene Bewohner der indigenen Siedlung erzählen von ihren Erfahrungen und Bekanntschaften mit `weissen` Goldgräbern, die mit Lizenzen oder illegal Wald roden und unter Einsatz von mehreren tausend Tonnen Quecksilber und Cyanid täglich die Uferbereiche von Gewässern verunreinigen. Die Waschmethoden der Goldgräber verändern den Lebensraum der Yanomani grundlegend und einschneidend. Ihr dargelegtes Verständnis der sie umgebenden Natur und des Respekts für die Wälder und Flüsse steht in krassem Kontrast mit westlichen Wertsystemen, die stark materiell verankert sind. Für die Nativen besteht kein Interesse an der Ausbeutung von Goldreserven, da der Gewinn des Materials für sie keine echte Wertvermehrung bedeutet. Es ist nicht essbar, hat keine heilende Wirkung, ist als Werkmaterial eher ungeeignet und hat höchstens rituellen Symbolcharakter.
Tatsächlich verschwindet das meiste Gold aufgrund seines tatsächlichen Tauschwerts bei uns in schwer bewachten Tresoren und Bunkeranlagen. Etwa dreiviertel der weltweit erwirtschafteten Goldmenge wird zu Goldbarren verschmolzen, um dann wieder unter der Erde eingelagert zu werden Anteilmässig wird direkt oder indirekt etwa dieselbe Menge über die Schweiz gehandelt. Schweizer Rohstoffkonzerne und Finanzinstitute ermöglichen die Umwandlung von schmutzigem Gold zu sauberem Geld. Nahezu 80% des Goldes an der Schmuckmesse Baselworld stammt aus illegalen Goldminen im Amazonasbecken, aus Peru oder aus dem Kongo. Politischer Widerstand aus der Schweiz ist daher dringend nötig, um der fortschreitenden Zersetzung der Urwälder entgegentreten zu können. Daniel Schweizer und sein Team lokalisieren die Schauplätze und Akteure dieser undurchsichtigen Branche und zeigen die wirtschaftlichen Verstrickungen auf. Sie berichten von den Kämpfen und der Entschlossenheit von Indianern und Aktivisten. Dirty Gold War gibt es nochmals am kommenden Donnerstag in Solothurn zu sehen.
Ein See erweckt zum Leben
Regisseur Alex Mayenfisch lässt in Un besoin pressant einen ungewöhnlichen Erzähler zu Wort kommen, der eine eigentliche Geschichte des schweizerischen Umweltschutzes erzählt. Der Lac Léman persönlich richtet seinen Blick auf die grün-bläuliche Unterwasserwelt, um an verschiedenen Stellen des Sees wieder aufzutauchen und uns mit archivierten Zeitdokumenten bekannt zu machen. Der Film zeigt die Zustände der Gewässer in den 60er und 70er Jahren auf, die aufgrund fehlender Bestimmungen und Normen für die Industriewerke völlig vergiftet waren. Von jüngeren Generationen im Publikum, die unbeschwert Sommer für Sommer im Rhein, der Aare, Reuss oder in den Seen baden gehen, sind die Bilder vermüllter Seeufer ungläubig aufgenommen worden. In der Folge ernsthafter Schäden und Gefahren für die Bevölkerung wurden allmählich Bestimmungen durchgesetzt und endlich auch Kläranlagen am Genfersee installiert. Zeitzeugen und Aktivisten kommen in Archivaufnahmen zu Wort, welche die Strapazen und beharrlichen Bemühungen dokumentieren, die es brauchte, um den Kollaps des Ökosystems Lac Léman abzuwenden. Sie zeichnen das Bild einer Öffentlichkeit nach, die sich nach und nach sensibilisiert und jene Konsumgesellschaft hinterfragt, die seit den 50er Jahren die bestehende Abfallzivilisation begründete. Eindrücklich beweist der Film die Kraft von politischen Bewegungen und von Verbänden, die sich geschlossen gegen Missstände stellen. Ohne deren Bemühungen, ohne den Einsatz engagierter Menschen, würden wir heute wohl in einer anderen Schweiz leben. Der Film schafft Bewusstsein für ökologische Belange, und Selbstvertrauen für sie einzustehen. Un besoin pressant wird am Mittwochabend nochmals in Solothurn vorgeführt. Bonne projection!
Weitere Informationen:
dirty gold war
un besoin pressant
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