Gute Nacht, Licht ausgemacht?

Um die Milchstrasse so klar vom Sternenhimmel abgehoben zu sehen, muss man schon einen der wenigen Lichtsmogarmen Tage im Jahr erwischen Um die Milchstrasse so klar vom Sternenhimmel abgehoben zu sehen, muss man schon einen der wenigen Lichtsmogarmen Tage im Jahr erwischen

 Einigen Rückkehrern aus den Wintersportferien in den Bergen mögen die gut sichtbaren Sternen-himmel in Erinnerung geblieben sein. Man muss schon eine weite Reise unternehmen, um einen in der Nacht verdunkelten Ort zu finden. Auch die Schweiz ist kaum noch frei von Lichtverschmutzung. 

Unter Lichtemissionen versteht man die Streuung von Licht in den Luftschichten der Erdatmosphäre. Diese unerwünschte Beeinflussung der Umwelt durch Lichtquellen entsteht hauptsächlich durch nach oben abgehendes Licht und dessen Reflektion in der Atmosphäre (durch Staub und Wassermoleküle). Dabei wird die Luft von Licht durchdrungen und macht sich uns als diffuser Nebel bemerkbar. Grossstädte und Industrieanlagen mit ihren Strassenbeleuchtungen, Leuchtreklamen, Gebäudebeleuchtungen und Fluchtlichtanlagen sind die massgeblichen Verursacher von Lichtsmog. Dadurch ergeben sich die bekannten Lichtglocken über den Städten. Der Nachthimmel über einer mittleren Schweizer Stadt wie Chur ist durchschnittlich in einem Umkreis von 25 km lichtverschmutzt.

Neben Beleuchtungsanlagen, die Licht ungenutzt in den Sternenhimmel leiten, tragen nachtfahrende Kraftfahrzeuge mit ihren Fernlichtern zur Lichtverschmutzung bei. Projektionsscheinwerfer und Suchscheinwerfer (Skybeamer), die tanzende Lichtkegel an den Nachthimmel projizieren sowie zu Zwecken der kunstvollen Beleuchtung eingesetztes Showlight sind ebenfalls mitverantwortlich. Laut einem Bericht des BAFU nahm die nächtliche Lichtbelastung in den letzten zwanzig Jahren um 70 Prozent zu.

Die Umweltorganisation Dark-Sky Switzerland bestrebt eine Reduktion von Lichtverschmutzung zum Schutz von Mensch, Fauna und Flora. Vergangenes Jahr beklagten sie anlässlich der Beleuchtung der Erstbesteigungsroute am Matterhorn die zunehmende Lichtbelastung in den Bergen. Vermehrt würden lokale Unternehmer und Tourismusstellen Bergseiten als Marketingflächen mit Licht bespielen. Lichtkunst erfreut sich ansteigender Beliebtheit und wird gerne für spektakuläre Präsentationen und Aktionen eingesetzt.  

Die Zerstörung der Nacht

Bestehende Ökosysteme reagieren empfindlich auf Lichtverschmutzung. Eine künstlich aufgehellte Umgebung manipuliert Pflanzen in ihrem Wachstumszyklus. Laubbäume in unmittelbarer Nähe von Strassenlaternen verlieren im Herbst ihre Blätter verspätet, worauf es bei verfrühten Temperatur-einbrüchen leicht zu Frostschäden kommen kann. Milliarden von Vögeln, die Europa jährlich auf ihren Zügen passieren, sehen sich mit ungewohnten Lichtverhältnissen konfrontiert. Genetisch programmiert orientieren sie sich unter anderem an den Sternen. Bei schlechter Sicht werden sie jedoch von Lichtquellen besiedelter Gebiete angelockt und verenden nachts an beleuchteten Bürogebäuden oder verlieren die Orientierung. Das weit verbreitete Weisslicht mit hohem spektralen Blauanteil führt jede Nacht allein in Deutschland schätzungsweise über eine Milliarde Insekten in die Falle. Viele weitere Beispiele sind dokumentiert oder Bestandteil gegenwärtiger Forschungen.

Auch für uns Menschen ergeben sich Probleme. Störungen im Hormonhaushalt sind insbesondere bei Frauen gut dokumentiert (Menstruationszyklus). Auch soziale und kulturelle Folgen machen sich bemerkbar. Viele Menschen reagieren sensibel auf Umstellungen des Tag-Nacht-Rhythmus. Unsere Wahrnehmung von Naturphänomenen, die in der Nacht zu beobachten sind, verändert sich dahin gehend, dass wir sie entweder gar nicht mehr beachten oder sie kaum mehr Anziehungskraft auf uns ausüben. Waren noch für unsere Grosseltern Sternenschauer oder besondere Planetenstellungen von grosser Bedeutung, nehmen wir sie heute kaum noch wahr.

Was man unternehmen kann

Der Grossteil der Lichtemissionen werden durch falsch konzipierte Lichtanlagen verursacht. Dazu zählen beispielsweise Kugelleuchten oder Bodenlichter. Diese strahlen ungehindert nach oben bei gleichzeitig geringer Beleuchtungswirkung. Konkrete Massnahmen zur Optimierung von Lichtnutzung gibt es zahlreiche. Die zielgerichtete Abschirmung von Lichtquellen, um eine Abstrahlung nach oben und zu den Seiten zu verhindern, kann effektiv privat umgesetzt werden. In den Städten sollte Dekorationsbeleuchtung während Nachtstunden ausgeschaltet werden. (01-06 Uhr).

Einige europäische Städte verfolgen bereits akzentuierte Lichtemissionspolitik. Frankreich nimmt darin eine Vorreiterrolle ein, gilt doch seit dem 1. Juli 2013 ein entsprechendes Gesetz zur Reduzierung von Lichtsmog. Innenbeleuchtung in Büro- und Geschäftsgebäuden muss spätestens eine Stunde nach Arbeitsschluss abgestellt werden, Schaufenster dürfen in den Nachtstunden nicht beleuchtet werden, und Gebäudefassaden dürfen erst nach Sonnenuntergang und maximal bis 1 Uhr morgens bestrahlt werden.

Dem einen oder anderen Fassadengestalter sei während der Weihnachtszeit ins Gewissen geredet. Letztes Jahr erstritten sich im aargauischen Möhlin Hausbesitzer den Weg bis zum Bundesgericht, um eine Regelung betreffend Weihnachtsschmuck zu erzwingen. In der Nachbarschaft pflegte ein Ehepaar allzu amerikanisch ihr Haus ganzjährig sichtbar und vom 11. November bis zum 2. Februar völlig hemmungslos mit Leuchtschmuck zu dekorieren. Das Bundesgericht bestätigte die Beschwerde und verwies auf die Gemeindebehörden, die zur Vermeidung unnötiger Lichtemissionen Verbote aussprechen können. Eine vergleichbare Regelung wie in Frankreich gibt es auf nationaler Ebene aber nicht. 

Weitere Informationen:
dark sky 
bafu
wikipedia

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