Die Verunreinigungen aus diffusen Quellen belasten viele Schweizer Fliessgewässer. Als diffuse Quellen gelten Einträge, die nicht aus einer Abwasserreinigungsanlage (ARA) stammen und ihren Ursprung zum grossen Teil in der Landwirtschaft, in Siedlungsgebieten und im Strassenverkehr haben.
Dank empfindlicher analytischer Methoden sind solche Rückstände heute in nahezu allen Wasserressourcen nachweisbar. Immer mehr Mikroelemente aus Pflanzenschutzmitteln, Bioziden, Medikamenten, Industrie- und Haushaltschemikalien gelangen in die Gewässer und bilden ein Problem für die Trinkwasserversorgung. Trotz relativ tiefer Konzentration sind diese Stoffe eine Belastung für Ökosysteme, Menschen und Tiere. Zur Minderung des Eintrags von Mikroverunreinigungen sind verschiedene Akteure gefordert.
In der Pflicht sind somit Hersteller und Anwender industrieller Produkte ebenso wie Betreiber von Abwasserreinigungsanlagen (ARA) sowie Gewässerschutzbehörden und Trinkwasserversorger. Der Gesetzgeber hat Rahmenbedingungen für organische Spurenstoffe festgelegt, die unverzüglich umgesetzt werden müssen. Ein zentrales Element ist dabei, dass zahlreiche bestehende ARA eine zusätzliche Reinigungsstufe benötigen. Dazu braucht es wiederum Labortests, welche die entsprechenden Grundlagen für die Wahl des geeigneten Verfahrens – Ozonung, Membran-, Filter-, Aktivkohleverfahren oder eine Kombination verschiedener Technologien – liefern. In der Praxis ist es allerdings nur schwer möglich, die im Abwasser enthaltenen Verunreinigungen und Schadstoffe jeweils einzeln zu identifizieren, da sich die Abwässer je nach Herkunft grundlegend unterscheiden können.
Arzneimittel reduzieren Artenvielfalt
Als wichtige Quellen der Mikroverunreinigungen gelten die Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft sowie die Rückstände des Medikamentenkonsums aus der Human- und Veterinärmedizin. Pro Jahr werden gegen 60 Tonnen Medikamente an Tiere verabreicht, die später überwiegend mit der Gülle oder sonstwie in den Boden gelangen.
Eine Spitzenkonzentration tritt vor allem in kleinen und mittleren Fliessgewässern auf und zwar in Gebieten mit intensiver Landnutzung. Gerade die kleinen Bäche sind ökologisch von grosser Bedeutung und machen 75 Prozent des gesamten schweizerischen Fliessgewässernetzes aus. In besonders belasteten Gewässern sind die hohen Konzentrationen von Human-Arzneimitteln ein gravierendes Problem. Studien belegen, dass Medikamentenrückstände unter anderem die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen und Amphibien beeinträchtigen. Die diffuse Verschmutzung ist teilweise so hoch, dass sie für gewisse Wasserlebewesen giftig ist und somit die Artenvielfalt beeinträchtigt.
Eine dringende Massnahme ist die Reduktion an der Quelle, um möglichst schon den Eintrag der Stoffe in die Gewässer einzudämmen.
Herausforderung für den Gewässerschutz
Eine Studie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) kommt zum Schluss, dass die Überwachung des Gewässerzustands neu ausgerichtet werden muss und vermehrt auch kleine Fliessgewässer in den Fokus genommen werden müssen. In den ARA werden derzeit Mikroverunreinigungen kaum entfernt. Daher werden in der Schweiz neue technologische Möglichkeiten zur Anwendung kommen müssen, um den Spurenstoffen in den Gewässern zu Leibe zu rücken. Rund 100 ARA sind deshalb mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Eliminierung der Mikroelemente aufzurüsten, damit die Verunreinigungen in ausreichendem Mass verringert werden können. Es handelt sich um ARA an Gewässern mit einem hohen Abwasseranteil und an Gewässern, die für die Trinkwassergewinnung wichtig sind. Dieser gezielte Ausbau soll es ermöglichen, rund 50 Prozent der Gesamtbelastung durch Mikroverunreinigungen aus ARA aus dem Wasser zu eliminieren und die Qualität der Fliessgewässer mit hohem Abwasseranteil deutlich zu verbessern. Die revidierte Gewässerschutzverordnung sieht einen totalen Reinigungseffekt von 80 Prozent gegenüber dem Rohwasser vor.
1,2 Milliarden Franken Investitionen
Mit der Änderung des Gewässerschutzgesetzes kommt auch die Abwasserabgabe zum Tragen, die eine verursachergerechte Finanzierung der Elimination von Spurenstoffe im Abwasser ermöglicht. Die Finanzierung erfolgt über eine Abgabe von neun Franken pro Kopf und Jahr der an einer ARA angeschlossenen Einwohner. Die Aufrüstung von ausgewählten ARA ist teilweise schon im Gang und wird in den kommenden 20 Jahren 1,2 Milliarden Franken kosten.
Kampf den Mikroverunreinigungen – die Massnahmen im Überblick:
- Rund 100 von über 800 Schweizer ARA werden aufgerüstet
- Dies entspricht 50 Prozent der kommunalen Abwasser
- Die geforderte Abbauleistung der Mikroverunreinigungen soll 80 Prozent zum Rohwasser betragen
- Die Qualität von Gewässern mit hohem Abwasseranteil soll deutlich verbessert werden
- Alle Einwohner müssen mit einer jährlichen Abgabe mitfinanzieren
Kosten der Massnahmen
Neue Investitionskosten: 1,2 Milliarden Franken
Zusätzlich jährliche Betriebskosten: 130 Millionen Franken
Jahreskosten der Abwasserreinigung: 1 Milliarde Franken
Wiederbeschaffungswert jetziger ARA: 14 Milliarden Franken
Zusätzliche Kosten pro Einwohner: 9 Franken pro Jahr
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