Die Schattenseiten der Lederproduktion

Der Grossteil des produzierten Leders landet in der Schuhindustrie. Der Grossteil des produzierten Leders landet in der Schuhindustrie.

Leder ist robust und vielseitig einsetzbar. Ein hochwertiger Naturstoff? Im Gegenteil. Die Produktion von konventionellem Leder hat verheerende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.

Die Neanderthaler hätten Europa nicht während 250‘000 Jahren beherrscht, hätten sie nicht das notwendige Outfit dazu gehabt. Um ohne Daune und Gore-Tex Wind und Wetter zu trotzen, waren sie auf Tierhäute und Felle angewiesen. Nach der Trocknung und Räucherung bearbeiteten sie die Haut mit Fetten, um sie weicher und wasserdichter zu machen. Diese Art der Behandlung resultierte jedoch nicht im Leder, wie wir es heute kennen. Früheste Funde von echtem Leder, also gegerbter Tierhaut, stammen aus einer 5000 Jahre alten Gerberwerkstatt in Ägypten.

Das Herz der Lederherstellung

Die Gerbung ist der wichtigste Schritt der Lederherstellung. Was nach dem Entfernen der fleischigen Unterhaut noch übrig bleibt, besteht zu einem Drittel aus Kollagen. Dieses Fasern bildende Protein verleiht der Haut ihre mechanische Festigkeit. Damit die Kollagenfasern bei der Trocknung fixiert werden und nicht verhärten oder verkleben, wird die Haut mit Gerbstoffen versehen. Indem sie sich irreversibel an das Fasergewebe binden stellen sie sicher, dass das Leder geschmeidig, resistent gegen Verwesung und temperaturbeständig bleibt.

Die Produktion von konventionellem Leder ist problematisch

Früher wurden Gerbereien an die Stadtränder verbannt, denn aufgrund mangelnder Konservierungsmethoden war der Prozess mit starkem Verwesungsgeruch verbunden. Auch heutzutage sind Gerbereien keine Unschuldslämmer: Die als Gerbstoffe verwendeten Chemikalien sind oftmals giftig und schaden sowohl der Umwelt als auch den Arbeitern. Aus Kostengründen erfolgt der Grossteil der Lederherstellung in Schwellen- oder Billiglohnländern wie Indien, China und Bangladesh. Unzureichende Arbeits- und Umweltschutzgesetze führen zu Gesundheitsschäden bei den Gerbereiarbeitern und Verschmutzungen durch das Entladen giftiger Abwässer in umliegende Gewässer. Der am häufigsten verwendete Gerbstoff ist das Schwermetall Chrom III, ein Allergen und Umweltgift. Durch unsachgemässe Behandlung kann daraus das noch schädlichere Chrom VI (Chromat) entstehen. Chromat kann sich auch im fertigen Lederprodukt noch bilden.

Pflanzlich gegerbtes Leder

Eigentlich braucht es kein Gift für einen schönen Lederschuh. Eichenrinde, Rhabarberwurzeln, Mimosarinde, Quebrachoholz oder Tara-Schoten - alles rein pflanzliche, natürlich abbaubare Gerbstoffe, die keine Giftstoffe im Leder hinterlassen. Die pflanzliche Gerbung dauert jedoch länger und kostet dadurch etwas mehr.

Worauf können Sie beim Kauf von Leder achten?

Der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) hat bisher die strengsten Richtlinien für umweltschonende Lederproduktion entwickelt. Wollen Betriebe IVN zertifiziertes Leder herstellen, müssen sie beispielsweise über eine zweistufige Kläranlage verfügen. Chemische Konservierungsmittel sowie die Gerbung mit Chrom sind verboten. Um eine zusätzliche umweltbelastende und moralisch fragwürdige Tierhaltung zu vermeiden, werden die Rohhäute nur von Tieren bezogen, die zur Fleischgewinnung gehalten werden. Aus tierschützerischer Sicht ist die vollständige Verwertung von sowieso getöteten Tieren zwar ein lobenswerter Ansatz, dennoch erhält der Kauf von „Abfallleder“ die Nachfrage aufrecht und unterstützt damit weiterhin die Massentierhaltung.

Um die Kosten tief zu halten beziehen viele Hersteller vorgegerbtes Leder aus Billiglohnländern. Die Bezeichnung "Made in" gibt jedoch lediglich Auskunft über das Land, in dem die Bestandteile zum Endprodukt zusammengefügt wurden. Woher die Rohmaterialien stammen, wird Ihnen nicht mitgeteilt. Wollen Sie wissen, woher das Leder ursprünglich stammt, fragen Sie beim Hersteller nach. Sie bringen damit bestenfalls den Stein eines dringend nötigen Sinneswandels ins Rollen. 

Eine Bestenliste für nachhaltige Schuhlabels, unter anderem solche, die auch ohne Leder auskommen, finden Sie hier. Die Bezeichnung „Bio-Leder“ ist übrigens nicht geschützt. Je nach Hersteller werden mehr oder weniger Produktionsschritte umweltschonend gestaltet.

Quellen und weiterführende Infromationen
Lederherstellung
Leder-Produktion in Indien: «Das geht unter die Haut»
Naturleder IVN qualifiziert

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