Gestern war Tag der Erde - und ganz allein das Osterfest hat Schuld, dass wir diesem Anlass jetzt hinterherhumpeln wie die alte Fasnacht. Also nicht lang rumgetändelt: Der Tag der Erde oder Earth Day - begangen seit 1970, breiter in Fahrt gekommen ab 1990 - will das Umweltbewusstsein weltweit stärken. Er ist demnach ein in seiner Zielsetzung recht allgemeiner Gedenktag, der sich zur Schärfung seiner Botschaft jedes Jahr eines aktuellen ökologischen Themas annimmt. Dieses Jahr erinnerte er unter dem Titel SOS - Save our Species an das sich stark beschleunigende Artensterben weltweit.
Save our Species
Da wir zur Feier zu spät kommen - und das Artensterben ohnehin ein regelmässig wiederkehrendes Thema unserer Arbeit hier ist - nehmen wir uns die Freiheit, dieses Motto in seiner Betonung etwas abzuwandeln: Von Save our Species mit der Emphase auf der Artenvielfalt zu Save OUR Species... also der Menschheit.
Dass Umwelt- und Artenschutz keine rein uneigennützigen Ansinnen sind; darauf darf gern immer wieder mal aufmerksam gemacht werden. Zwar ist in der ökologischen Debatte viel von Lebensräumen, Bienen oder Treibhausgasen die Rede, doch es geht dabei dann auch immer und nie zuletzt um uns - persönlich, im grösstmöglichen Verbund und in der nachfolgenden Generation. Das Überleben der Menschheit hängt an der Unversehrtheit der lebendigen Vielfalt unseres Planeten - all unseren technischen Fertigkeiten oder hochfliegenden Visionen vom Auszug auf andere Planeten zum Trotz.
Das mag im Alltag, den wir hauptsächlich unter anderen Menschen und in den von ihnen gestalteten Umgebungen verbringen, schnell mal aus dem Blickfeld rücken. Die Rückbesinnung darauf wird dann nicht dadurch erleichtert, was wir an umweltrelevanten Belangen täglich um die Ohren gehauen bekommen. Luftverschmutzung, Food Waste, Pestizide, Wassermangel, Bienensterben, Littering, Korallenbleiche, Lärm, Urbanisierung, Ressourcenverschwendung... und so weiter, und so fort. Vor der schieren Übermacht dieser Alarme zwischendurch mal einzuknicken und sich die Welt etwas übersichtlicher zu wünschen, ist verständlich. Wir dampfen sie deshalb jetzt mal auf die drei ökologischen Problemfelder zusammen, die wir als die wesentlichsten ausmachen. Es sind dies: Klimawandel. Biodiversität. Und Boden.
Klimawandel. Biodiversität. Boden.
Dass der menschengemachte Klimawandel in unserer Liste der dringlichsten Umweltbedrohungen als erstes auftaucht, wird niemanden verwundern. Er ist es, der in die globalen ökologischen Problemlagen am breitesten ausgreift. Das macht zwar den Klimawandel in all seinen Aspekten schon selbst wieder zu einer unübersichtlichen Angelegenheit, hat aber auch den Vorteil, dass wir hier - mit der Reduktion der Emission klimarelevanter Gase wie Kohlendioxid, Methan oder Lachgas - auch die weitreichendste Handlungsvollmacht zur Stabilisierung unserer Lebensgrundlagen zur Hand haben. Schaffen wir es, die Erderwärmung auf die angestrebten anderthalb, höchstens zwei Grad Celsius zu beschränken, ist eine wesentliche Hürde genommen.
Dass der Klimawandel, wie gesagt, auf die allermeisten der ökologischen Belange einwirkt, gilt denn auch für die beiden weiteren Schwerpunkte, die wir hier setzen. Gleichwohl: Mit dem Stopp des Klimawandels wären sie nicht erledigt. Der Verlust der Biodiversität etwa hat viele Ursachen, von denen die Veränderung in unserer Atmosphäre nur einer ist: Unser direkter Eingriff in die Lebensräume und unsere manifeste Geringschätzung des meisten nichtmenschlichen Lebens sind andere. Nun meint Biodiversität bekanntlich nicht nur Artenvielfalt. Sie umfasst ebenfalls die genetische Vielfalt innerhalb biologischer Arten und die Vielfalt der Ökosysteme mitsamt ihrer lebendigen Beziehungen innerhalb und untereinander. Das klingt wieder kompliziert, ist aber dann ungleich simpler zu bewahren: Wir geben den verschiedenen Spezies und ihren Lebensräumen Raum und Beistand zur Entfaltung. Wichtig ist das, da wir nicht wissen, wie viel der Ausdünnung die Biodiversität verträgt, bis sie ihrer für uns überlebenswichtigen Funktion der Stabilisierung der Biosphäre nicht mehr nachkommt. Ganz zu schweigen davon, dass es ungleich befriedigender ist, in einer vielfältigen und lebendigen anstatt einer ausgedörrten Umwelt zu leben.
Womit wir beim Boden wären. Beziehungsweise, spezifischer, bei der Bodenfruchtbarkeit. Auch der Boden ist biodivers: So sehr sogar, dass wir gut daran täten, ihn uns mehr als einen Organismus als eine blosse Schrittunterlage vorzustellen. Die Fruchtbarkeit dieser lebendigen Böden hängt wesentlich auch an ihrer Biodiversität. Uns diese Fruchtbarkeit möglichst zu bewahren, dürfte von allen hier angeführten Anliegen wohl das einleuchtendste sein. Doch obwohl - oder gerade weil - die Böden für uns so wichtig sind, sind sie auch unzähligen Angriffen ausgesetzt. Wir überbauen, verdichten und versiegeln sie, vergiften und überdüngen sie, stören ihr biologisches Gefüge und laugen sie aus. Ausgelaugte Böden erodieren leichter, und den Verlust machen wir wett, indem wir weniger geeignete Böden mit noch höherem Aufwand auslaugen - etwa die kargen Böden der Regenwälder. Diese zerstörerische Entwicklung ist zu durchbrechen. Der Schutz und das nachhaltige Management der begrenzten Fläche an fruchtbarem Boden, die uns zur Verfügung steht, kann deshalb nicht warten, bis wir die Sache mit dem Klimawandel oder dem Artensterben erledigt haben. Wobei der Bodenschutz ja der Erreichung der parallelen Ziele auch gleich wieder Vorschub leistet.
Tage der Erde
So allgemein und umfassend diese drei Problemstellungen auch sind - und damit vielleicht gleich wieder durch ihre ausladende Größe einschüchtern -, soviel Handhabe geben sie dann aber auch, an ihrer Lösung im eigenen, praktischen Alltag mitzuwirken: Betreffs der eigenen Konsumgewohnheiten, des Energiebedarfs oder des persönlichen Mobilitätsverhaltens, im eigenen Garten oder auf dem Balkon, in der Stadt und auf dem Land, in Beruf und Freizeit. Die vollständige mentale Durchdringung der Materie ist dafür vorerst nicht Voraussetzung; ebensowenig übrigens wie die sofortige, umweltschützerische Perfektion. (Perfektion wäre - gemäss ihrer Definition bei Parmenides - ja sowieso statisch und damit uns Menschen und der Natur gänzlich unangemessen.) Jede erste, vorsichtige Verhaltensänderung ist willkommen, genauso natürlich wie die zweite, die dritte… Unsere Webseite und das Internet insgesamt halten unzählige Tipps bereit, diese Umorientierung zielführend zu gestalten. Sich den einen oder anderen dieser Vorschläge zu eigen zu machen, war der gestrige Earth Day nicht der beste Tag. Der ist - immer - heute.
Quellen und weitere Informationen:
Earth Day – international
Earth Day Deutschland
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