SOS: Seenotruf zur Rettung der Umwelt!

Zum Teil fahren die Riesenkreuzer direkt in die Touristenstädte hinein. Zum Teil fahren die Riesenkreuzer direkt in die Touristenstädte hinein.

Die Umweltbedenken werden bei Kreuzfahrten über Bord geworfen. Mit dem verantwortungslosen Handeln der Branche muss endlich Schluss sein.

Letzte Woche haben wir uns mit der An- und Abreise bei nachhaltigem Reisen beschäftigt. Heute, am Welttourismustag, führen wir die Artikelserie zum „Sanften Tourismus“ weiter mit einer Analyse der Kreuzschifffahrt. Diese Art von Reisen erlebt gerade einen gewaltigen Boom. Anbieter und Kunden freuen sich über neue Erfolge und Möglichkeiten, doch wie sieht das Ganze von Seiten der Umwelt aus?

Boom

Über 6`000 Passagiere finden auf den grösseren Kreuzfahrtschiffen Platz. Das Schiff präsentiert sich wie eine kleine Stadt: Restaurants, Schlafplätze, Unterhaltungsangebote, Sportmöglichkeiten und vieles mehr ist vorhanden. Die Anbieter lassen sich immer verrücktere Dinge einfallen, um ihre Kunden anzulocken. Die Reedereien werben beispielsweise mit einer haus- (oder besser gesagt schiffs-) eigenen Bierbrauerei, einem Fallschirmsprungsimulator oder einer begehbaren Glaskuppel, 90 Meter über dem Meer. Bis vor wenigen Jahren war die Kreuzschifffahrt etwas Besonderes, das sich nur besserbetuchte Bevölkerungsschichten leisten konnten. Doch das ist Vergangenheit, der Markt boomt, und die Schiffe werden immer grösser und extravaganter.

Verpestete Luft

Plötzlich fahren kleine Städte kreuz und quer durch die Weltgewässer. Einher mit all dem Vergnügen und der nicht enden wollenden Unterhaltung gehen Klimaverbrechen: Die Riesenschiffe werden ausnahmslos mit fossilen Kraftstoffen betrieben, ausserdem werden grosse Mengen an Schadstoffen (Schwefeloxide, Stickoxide, Russ, Feinstaub und Schwermetalle) meist ungefiltert in die Atmosphäre abgegeben. Ein Problem besteht darin, dass auf See andere Vorschriften gelten als an Land. Die gesetzlichen Regelungen sind für die Schiffe viel lockerer als für Fahrzeuge wie Autos und LKWs. Ein Beispiel dafür ist das extrem giftige Schweröl: Ein Kreuzfahrtriese verbraucht pro Tag durchschnittlich  150 Tonnen Schweröl. Die Verbrennung dieses Öls ist nur auf hoher See zugelassen. In Umweltzonen und in Ufernähe müssen die Kähne auf Dieselbetrieb umstellen. Zu den fehlenden Vorschriften kommt ausserdem das Problem der Durchführung von Kontrollen auf der hohen See.

Lichtblick

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat eine Kampagne mit dem Namen „MIR stinkt`s – Kreuzfahrtbranche sauberer machen“ gestartet. Tatsächlich haben sie Erfolge erzielt, wenn auch nur bescheidene. Laut Daniel Rieger, Referent Verkehrspolitik der NABU war „der Haupterfolg der Kampagne, dass heutzutage keiner mehr in der Branche abstreitet, das die Kreuzfahrtindustrie ein übles Schadstoffproblem hat.“ Die benötigten Technologien, um die Umweltschädigung zu beschränken, sind heute verfügbar. Ein kleiner Teil der Branche hat in letzter Zeit tatsächlich Fortschritte gemacht und ist sauberer geworden. Doch von einer grünen Ökobilanz ist man noch meilenweit entfernt.

Schwimmen im Überfluss

Der Antrieb der Kreuzschifffahrt ist aber nicht das einzige Kriterium, das gegen die Prinzipien des nachhaltigen Tourismus verstösst. Die Passagiere verantworten mit ihrer Reise einen überdurchschnittlich grossen Klima-Fussabdruck. Ein beträchtliches Problem stellt zudem der Umgang mit Lebensmitteln dar. Die All-Inclusive-Büfetts an Bord bringen die schlimmsten Seiten des Menschen ans Licht. Der Gier sind kaum Zügel angelegt, steht erst einmal „gratis“ Essen zur freien Verfügung. Essen bis zur Übelkeit oder Reste in die Tonne? Dieses Dilemma stellt sich den Kreuzfahrtpassagieren. Beides hat tragische Auswirkungen auf die Umwelt, denn beides sind Formen von Lebensmittelverschwendung. Müll und Abwasser sind weitere Umweltlasten, die von den Passagieren gerne übersehen werden. Ein zusätzlicher Faktor ist die An- und Abreise bis zum Ablege-Hafen. Die beliebten Reiseangebote sind die, die in exotischen Gewässern stattfinden. Um dort hinzugelangen ist der Einstieg ins Flugzeug fast unvermeidlich. So wird bereits in dieser Phase eine Menge CO2 ausgestossen.

Auswirkungen

Die Regionen, die als Kreuzfahrtziele beliebt sind, leiden unter dieser Tourismusform. Die Anwohnerinnen und Anwohner können nur sehr begrenzt von den Ausgaben der Reisenden profitieren. Denn Verpflegung und Unterkunft sind ja von den All-Inclusive Reiseangeboten bereits abgedeckt. Nur um die Nebenwirkungen und Probleme dürfen sich die Ansässigen kümmern. So zum Beispiel die umwelt- und gesundheitsschädlichen Abgase, die von den Schiffen ausgestossen werden.


Wer an einer Reise mit noch schlimmerer Ökobilanz teilnehmen möchte, kann nun sogar einen „Kreuzflug“ buchen: Ein Reiseangebot in einem umgebauten Flugzeug. Für eine solche Reise müssen horrende Preise hingeblättert werden. Inklusive ist die Umweltverpestung auf höchstem Niveau. 

Quellen und weitere Informationen
nabu.de: Kreuzschifffahrt
CLIA Deutschland: Kreuzfahrt und Umweltschutz
Herrmann Frank, FAIRreisen, ISBN 978-3-86581-808-9

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