Giftstoffe in Bioplastik nachgewiesen

Bioplastik schneidet in seinem Schadstoffgehalt nicht besser ab als herkömmlicher Kunststoff Bioplastik schneidet in seinem Schadstoffgehalt nicht besser ab als herkömmlicher Kunststoff

Bioplastik wird als nachhaltige und ungefährliche Alternative zu herkömmlichem Kunststoff angepriesen. Eine Studie zeigt nun: Auch Biokunststoff kann Schadstoffe enthalten.

Der grosse Hoffnungsträger

Plastikprodukte werden wegen ihrer Auswirkung auf die Umwelt und Lebewesen immer wieder massiv kritisiert. Ihre Herstellung aus fossilen Rohstoffen setzt schädliche Emissionen frei, das Entsorgungsproblem ist noch ungelöst und gerade Alltagsprodukte werden wegen schädlichen Substanzen stark kritisiert.
Auf der Suche nach Alternativen werden vermehrt neue Materialien entwickelt, die ökologisch besser verträglich sein sollen. Dazu gehören Biokunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden oder gar biologisch abbaubar sind. Auch pflanzenbasierte Produkte, die aus natürlichen Materialien wie Cellulose bestehen, zählen zu den Neulösungen.
Als nachhaltige Alternative zu konventionellen Kunststoffen wurde Bioplastik als schnell abbaubar und ungefährlich für die Gesundheit angepriesen. Eine Studie zeigt nun, dass auch biologischer Kunststoff schädliche Stoffe enthalten kann.

Neuste Erkenntnisse

Die Forschungsgruppe PlastX unter der Leitung des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegen und der Goethe-Universität Frankfurt hat 43 Produkte aus bio-basierten und biologisch abbaubaren Produkten im Labor analysiert. Darunter mehrheitlich Artikel, die mit Nahrung in Kontakt kommen wie Einweggeschirr, Schokoladenverpackungen, Trinkflaschen und Kaffeekapseln. Zur Untersuchung wurden die Substanzen aus Bioplastikprodukten herausgelöst und für Tests an lebenden Zellen verwendet, um deren Toxizität zu prüfen.
Das Forschungsteam fand insgesamt über 40‘000 unterschiedliche Chemikalien, wobei einzelne Produkte von 1000 bis zu maximal 20‘000 chemische Substanzen enthielten. Besonders ernüchternd: Drei Viertel der Produkte enthielten Chemikalien, die auf lebende Zellen toxisch oder hormonähnlich wirken. Dieser Anteil ist genauso gross wie bei Produkten aus herkömmlichem Kunststoff. Dabei zeigte sich, dass besonders auf Zellulose und Stärke basierte Artikel die meisten Schadstoffe enthalten.

Herstellungsprozess steigert die Gesamttoxizität

Die Studie verdeutlicht, dass die untersuchten Endprodukte eine höhere Toxizität aufwiesen als die Rohmaterialien, aus denen sie hergestellt werden. Der Grund dafür ist, dass beim Prozessieren des Rohmaterials neue Substanzen hinzugegeben oder gebildet werden. Jedes biobasierte und bioabbaubare Produkt zeigt jedoch eine individuelle chemische Zusammensetzung, was es nahezu verunmöglicht, allgemeine Aussagen über die Sicherheit bestimmter Biomaterialien zu treffen.

Unsicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher

Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist nicht nachvollziehbar, ob sie im Alltag mit bedenklichem Biokunststoff in Berührung kommen. Die Sicherheit der verwendeten Substanzen sollte bereits bei der Entwicklung neuer Materialien berücksichtigt werden. Dafür plädiert Carolin Völker, die Leiterin der Forschungsgruppe PlastX, in einer Pressemitteilung:

„Gerade, weil es einen Trend zu Biomaterialien gibt, gilt es jetzt, die chemische Sicherheit von herkömmlichen Kunststoffen ebenso wie von biobasierten und bioabbaubaren Alternativen auf die politische Agenda zu setzen“
Carolin Völker, Forschungsgruppe PlastX

Da bisher nicht bekannt sei, welche Auswirkungen der Chemikalienmix in den Kunststoffen konkret auf Mensch und Natur hat, seien zudem weitere Studien dringend notwendig. Zelltests gäben erste Hinweise, reichten aber allein noch nicht aus, um die Gesundheits- und Umweltauswirkungen umfassend zu bestimmen: Inwiefern sich die bedenklichen Substanzen im Alltagsgebrauch auch tatsächlich aus dem Produkt herauslösen, wäre noch genauer festzustellen. Die Forschung um Bioplastik ist somit noch sehr lückenhaft. Weitere Abklärungen sind notwendig, um neben der chemischen Sicherheit auch ökologische und soziale Aspekte zu erfassen, wie beispielsweise die Treibhausgasemissionen und die Kreislauffähigkeit der neuartigen Kunststoffe. Auch, wie weit der zu ihrer Produktion notwendige Rohstoffanbau die Nahrungsmittelproduktion konkurrenziert, ist noch genauer zu untersuchen.
 


Quellen und weitere Informationen: 
Zimmermann et al. (2020): Are bioplastics and plant-based materials safer than conventional plastics? In vitro toxicity and chemical composition
Pressemitteilung der ISOE (17.09.2020): „Bioplastik“ ist keine unbedenkliche Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen
Homepage von PlastX
Frauenhofer IKWS: Positionspapier zu Bioplastik

  
  
  

   
 
 
 

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