Seit dem 6. Juli 2020 gilt in der Schweiz in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maskenpflicht. Diese wurde im Oktober 2020 auf Innen- und Aussenbereiche des öffentlichen Raums ausgeweitet. Das Haus ohne eine Einwegmaske zu verlassen ist daher im Moment kaum denkbar. Rund 3,5 Millionen Mund- und Nasenschutze werden zurzeit täglich von Schweizerinnen und Schweizern verbraucht. Auch Plastikhandschuhe kommen immer häufiger zum Einsatz. Oft landen diese Einwegprodukte jedoch nicht im Mülleimer. «Die Situation ist alarmierend. Mit dieser Krise gibt es nämlich eine neue Art Abfall: Gesichtsmasken und Handschuhe werden einfach überall hingeschmissen» macht Tessiner SP-Grossrat und gelernter Forstingenieur Henrik Bang auf das zunehmende Littering-Problem aufmerksam.
Als Littering versteht man das Wegwerfen oder Liegenlassen von Abfall im öffentlichen Raum. Die Auswirkungen davon werden vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) in drei Kategorien eingeteilt:
Ökologische Folgen:
Bei den ökologischen Auswirkungen kann zwischen direkten und indirekten unterschieden werden. Das Verschlucken von Abfällen beispielsweise führt zu gesundheitlichen Schäden bei Tieren. Davon betroffen sind sowohl Nutztiere wie Kühe, aber auch Vogelarten, Fische und andere Wildtiere. Die Schadstoffe können die Gesundheit von Flora und Fauna auch indirekt durch den Übergang in Boden und Wasser beeinträchtigen. Allein 2'700 Tonnen Kunststoffe landen so jährlich in unserer Umwelt.
Ökonomische Folgen:
Gemäss Bafu muss die Schweiz jährlich rund 200 Millionen Franken für Reinigungs- und Entsorgungsarbeiten aufwenden. Hinzu kommen hohe Kosten für Präventions- und Aufklärungskampagnen.
Ästhetische Folgen:
Sauberkeit ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität einer Bevölkerung. Littering stellt eine optische Belästigung dar und beeinträchtigt somit die Qualität eines Lebensraumes oder das Image einer Stadt.
Corona-Littering
Die Corona-Krise verschiebt das Littering-Problem vermehrt von urbanen Gebieten in Bergregionen, auf Wanderwege oder an Flussufer. «Weil viele Freizeitangebote noch immer geschlossen oder nur beschränkt nutzbar sind, zieht es noch mehr Menschen in die Natur und an abgelegene Orte», sagt Nora Steimer, Geschäftsleiterin der Interessengemeinschaft saubere Umwelt (UGSU). Das Social Distancing habe denselben Effekt. Zudem sinke aus Angst vor einer Ansteckung die Bereitschaft, Abfall anderer Leute einzusammeln. Das sei verständlich, meint Steimer, die Gesundheit gehe in der aktuellen Corona-Situation vor. «Doch umso wichtiger wäre es, dass jeder seinen eigenen Abfall korrekt entsorgt und nicht einfach liegen lässt.»
Die umweltfreundliche Variante
Der Umgang mit gebrauchten Einwegmasken stellt sich als schwierig dar. Dies, weil Masken aus drei Elementen bestehen, welche nicht gleichzeitig recycelt werden können: dem "Stoff" aus Polypropylen, dem Metallstab über der Nase und den Gummibändern. "Mit einer Lebensdauer von 450 Jahren ist diese Ausrüstung für unseren Planeten eine wahre ökologische Zeitbombe" meint Eric Pauget, Abgeordneter für das Küstendepartement Alpes-Maritimes an der Côte d’Azur.
Eine ökologische Variante zu den Einwegmasken gewinnt in der Schweiz zunehmend an Beliebtheit: die Stoff-Maske. Jedoch ist die Wirksamkeit dieser Mehrwegmasken stark umstritten. Studien kommen diesbezüglich auf keine einheitlichen Ergebnisse.
Die Umweltproblematik der Schutzmaske mag zurzeit noch keine vorderste Priorität geniessen, für die Zukunft gilt es sie aber im Auge zu behalten. Viel gewonnen ist hier schon, wenn sie diszipliniert in den Abfall entsorgt wird.
Quellen und weitere Informationen:
srf: Interview mit Henrik Bang
Littering-Situation in der Schweiz
Eric Pauget: Keiner denkt an den Masken-Müll
BAG: Maskenpflicht
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