Das ambitiöse Ziel des „European Green Deal“ ist es, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Damit erhöht die EU auch den Druck auf die Flugbranche, ihre Geschäfte sauberer zu gestalten. Mit einer neuen Umwelt-Kennzeichnung möchte die EU deshalb für mehr Transparenz sorgen und gleichzeitig „das Risiko des Greenwashings” durch die Flugbranche reduzieren, da immer häufiger in Werbekampagnen vom ‚umweltfreundlichen Fliegen‘ gesprochen wird.
Bereits seit mehreren Jahren plant die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) eine solche Kennzeichnung für die Luftfahrt; dieses nimmt nun laut Angaben der Welt am Sonntag Gestalt an.
Ampelschema auch bei Flugzeugen
Vorbild für das Öko-Kennzeichen sei das EU-Label für Energieeffizienz, welches bei Elektrogeräten bereits Standard ist. Dieses zeigt leicht verständlich auf, wie viel Energie ein Gerätetyp im Vergleich zu anderen verbraucht. Mit dem Label will die EU laut offiziellen Dokumenten, welche der Welt am Sonntag vorliegen, „zuverlässige, vergleichbare und überprüfbare Informationen“ bereitstellen. Denn bislang sind die genauen Umweltbelastungen eines Fluges bei der Buchung für die Käufer kaum abzuschätzen. Mit dem neuen Label-System sollen nicht nur der CO2-Ausstoss der Triebwerke, sondern auch andere Faktoren wie etwa der Lebenszyklus der Flugzeuge, die Lärmemissionen oder der Ausstoss von giftigen Stickoxiden transparent werden. Zudem soll die Umweltbilanz einzelner Airlines als gesamtes errechnet werden können. Damit soll gleichzeitig auch der Druck auf die Branche erhöht werden, ihre Maschinen und auch die einzelnen Flüge bereits jetzt klimafreundlicher zu machen.
Ähnlich wie diese Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Elektrogeräten soll auch das Öko-Kennzeichen für Flugzeuge aussehen.
Züge dienen als Vergleichsmassstab
Das geplante Öko-Prädikat soll zwischen verschiedenen Flugzeugklassen unterscheiden: Regionalflieger, grössere Flugzeuge mit einem Mittelgang und Grossraumflieger. Zur Bewertung sollen Experten den Verkehr mit Hochgeschwindigkeitszügen als Vergleichsgrösse heranziehen — entfernt ähnlich dem Umweltrechner der SBB, der die CO2-Ersparnisse einer Reise mit dem Zug gegenüber der Autofahrt aufzeigt. In die Einstufung der Airlines sollen viele weitere Komponenten eingehen, etwa der Einsatz von Bio-Treibstoffen in der Flotte, die Menge an anfallendem Abfall und die Recyclingquote. Die Luftfahrtindustrie verwies bislang gerne auf die Kraftstoffeinsparungen, die dank moderner Triebwerke möglich seien. Doch die starke Zunahme des Flugverkehrs hat solche technischen Effizienzgewinne mehr als aufgehoben.
Start zögert sich hinaus
Wann ein solches Öko-Kennzeichen dem Endverbraucher und den Airlines tatsächlich zur Verfügung steht, bleibt noch offen. Bisher wurde lediglich festgelegt, dass bis Ende 2022 die technischen Details für das Kennzeichen feststehen sollen.
Ob diese Kennzeichnung alleine ausreicht, um die Einflüsse des Flugverkehrs auf die Umwelt zu mindern, ist anzuzweifeln: Experten rechnen bereits damit, dass sich die Fluggast-Zahlen schon in wenigen Jahren wieder auf den Stand vor der Corona-Pandemie erholen werden — und sich bis 2040 verdoppeln. Gleichzeitig kam im vergangenen Herbst eine internationale Studie zu dem Ergebnis, dass der globale Flugverkehr — auf seinem heutigen Stand — etwa 3,5% zum menschengemachten Klimawandel beiträgt. Davon entfällt ein Drittel allein auf den CO2-Ausstoss, nebst anderen umweltschädlichen Emissionen. Es braucht demnach verstärkter Anreize zur Forschung und Innovation — und mit Vorteil auch einer Änderung im Flugverhalten der Bevölkerung.
Quellen und weitere Informationen:
EASA: Environmental Label Programme
MMU: Aviation contributes 3.5% to the drivers of climate change that stem from humans
Die Welt (21.02.2021): EU plant Öko-Siegel für Flugzeuge
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