«Recycling-Weltmeister» Schweiz hinkt bei Plastik hinterher

Der Grossteil des Plastikmülls landet noch immer in der Müllverbrennung Der Grossteil des Plastikmülls landet noch immer in der Müllverbrennung

Die Nachbarländer sind der Schweiz weit voraus, was das Recyceln von gebrauchten Kunststoffverpackungen betrifft. Diese wie bisher zu verbrennen, ist längerfristig keine Option.

In Sachen Recycling von Haushaltsabfällen rühmt sich die Schweiz gerne als europäisches Vorbild. Tatsächlich ist sie anderen Ländern voraus, wenn es um das Einsammeln und Wiederverwerten von Glas und Aluminium sowie von PET-Flaschen und Altpapier geht. Laut Swiss Recycling findet bei diesen Materialien von dem, was landesweit konsumiert wird, zwischen 81 und 94 Prozent eine neue Verwendung. Mager fällt die Bilanz hingegen bei den vielfältigen Plastikabfällen aus, die nicht in den Unterbereich der PET-Flaschen fallen, beispielsweise Folien, Einweg-Plastiktaschen, Fruchtschalen, Joghurtbecher oder Milch- und Shampooflaschen.

Im Rückblick auf den globalen Recycling-Tag, welcher seit 2018 jährlich am 18. März begangen wird, werfen wir einen kritischen Blick auf das Plastik-Recycling in der Schweiz.


Nachbarn sind weit voraus

In der Statistik von Swiss Recycling wird die Kategorie der nicht-PET-Kunststoffabfälle gar nicht erst aufgeführt. Dies mag wohl daran liegen, dass die eingesammelten Volumen hierzulande mickrig klein sind: Rund 6’000 Tonnen sind es heute. Dabei fallen jährlich in der Schweiz rund 750’000 Tonnen des buntgemischten Kunststoffmülls an. Wohin sollen Herr und Frau Schweizer schon ihren Plastikmüll hinbringen, wenn es noch weitgehend an Strukturen für das fachgerechte Einsammeln und Wiederverwerten fehlt? Es gibt derzeit nur drei Plastik-Recycling-Werke in der Schweiz. Unsere Nachbarländer sind uns da schon deutlich voraus: Deutschland, Frankreich und Italien kennen bereits flächendeckende Sammelsysteme, die nebst PET auch andere Kunststoffverpackungen zur Wiederverwertung aufbereiten. Anders als hier ist das Einsammeln von Verpackungen aus Kunststoff dort nicht mehr freiwillig, sondern als Teil der EU-Plastikstrategie gesetzlich geregelt. Denn die EU nahm sich bereits 2018 vor, bis im Jahr 2030 alle Plastik-Verpackungen in die Kreislaufwirtschaft zu integrieren. Alle Mitgliedsstaaten müssen 55 Prozent ihrer Plastikverpackungen sammeln und wiederverwerten.


Volumen rentiert nicht

Für die Wiederverwertung ist es am einfachsten, wenn Plastik sortenrein vorkommt. Dies ermöglicht es, daraus relativ unkompliziert neue Produkte wie etwa Bodenbeläge oder Kleiderbügel herzustellen. Fallweise lassen sich aus gewissen Plastikabfällen Mischkunststoffe herstellen, die beispielsweise zur Herstellung von Brettern, Pfosten oder Bauzäunen dienen können. Weil das eingesammelte Volumen in der Schweiz derart klein ist, fehlt es den wenigen Werken hierzulande aber an einheimischem Material. Die Firma InnoRecycling ist laut eigenen Angaben gezwungen, rund 40 Prozent der Kunststoffe, die sie zu Granulat für die Herstellung von z.B. Plastikboxen und Rohren wiederverwertet, aus dem Ausland einzuführen. Den wenigen Plastik-Recycling-Werken steht indessen eine Gruppe von 30 Kehrichtverbrennungsanlagen gegenüber, die noch so gerne die leicht brennbaren Kunststoffe entgegennehmen.

Bei vielen minderwertigen Verpackungen ist es zudem nicht möglich, das Plastik wieder zu verwerten. Deshalb ist es wichtig, dass sowohl in Konzernen als auch in der breiten Gesellschaft ein Umdenken stattfindet, indem Wegwerfverpackungen durch alternative Mehrwegvarianten ersetzt werden.


Veränderungen sind auf dem Weg

Angesichts der wachsenden Dringlichkeit, den CO2-Austoss zu begrenzen, muss eine andere Lösung für den Plastikmüll her. Aktuell ist in diesem Bereich viel Bewegung in der Schweiz spürbar. Immer mehr Gemeinden und Unternehmen lancieren eigene Projekte und verkaufen separate Gebührensäcke für Kunststoffabfälle, die man zu Sammelstellen bringen kann. Selbst die Betreiber von Kehrichtverbrennungsanlagen scheinen sich zu bewegen, die bis anhin die gut brennbaren Kunststoffabfälle gerne angenommen haben. Ihr Branchenverband erkannte Anfang 2020 in einem Positionspapier an, dass das Recycling von Plastik einen erheblichen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen leisten könne und deshalb „gegenüber der thermischen Verwertung zu bevorzugen“ sei.
Auch die Recycling-Branche in der Schweiz nimmt sich seit Anfang des Jahres vor, einerseits in Zusammenarbeit mit der Industrie die Verpackung kreislauffähiger zu machen, und andererseits die Separatsammlung bis 2025 weiter auszubauen. Je mehr Unternehmen sich den Anstrengungen anschliessen, desto effizienter wird sich der Kreislauf von Kunststoffen schliessen lassen.

 

Quellen und weitere Informationen:
Globaler Recycling-Tag
Swiss Recycling: Kennzahlen und Quoten
Swiss Recycling: Rezyklierung von Kunststoffen in der Schweiz
VBSA: Position zum Kunststoff-Recycling
SRF: Recycling von Plastikabfällen

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