Die Schweiz ist bekannt für ihre hervorragende räumliche Vernetzung. Die geografischen Zentren sind sehr gut erschlossen, weshalb der Transport von A nach B im Vergleich zu anderen Ländern nur wenig Zeit in Anspruch nimmt. Dies ist einerseits durch die geringe Fläche des Landes gegeben, andererseits aber auch dem dichten Verkehrsnetz zu verdanken. Dieses benötigt entsprechend viel Platz: Rund 2 % der Landesfläche wird durch Infrastrukturanlagen beansprucht und auf einem Quadratkilometer Fläche befinden sich durchschnittlich 2.69 km Strasse. Dies resultiert im Verlust und der Zerschneidung von Grünflächen und Lebensräumen, andererseits aber auch in einem hohen Verbrauch an Baumaterialien. So werden für den Bau von Schienen grosse Mengen an Stahl verbraucht, während für die Strasseninfrastruktur grosse Mengen an Asphalt benötigt werden. Sowohl die Herstellungsprozesse von Stahl als auch von Asphalt verursachen hohe CO2-Emissionen.
Infrastruktur entscheidend für Verkehrswende
Die Verkehrsinfrastrukturanlagen in der Schweiz erreichen langsam ihre Kapazitätsgrenzen: Auf den Strassen werden die Staus immer länger und im Schienenverkehr sind die Perrons zu kurz, um die wachsende Zahl an Pendlerinnen und Pendlern aufzunehmen. Entsprechend werden Rufe nach einem Ausbau der Strassen- bzw. der Bahninfrastruktur laut. Die Frage, wie viel Geld in Strassen- vs. Bahninfrastruktur investiert werden soll, ist eine politische: Will man den klimaschonenden Verkehr fördern, investiert man in letztere. Der Ausbau der Bahninfrastruktur ist auch tatsächlich vorgesehen: Nicht etwa eine Erweiterung des Streckennetzes, sondern der Ausbau der bestehenden Infrastruktur. So sollen etwa mehrere Bahnhöfe längere Bahnsteige erhalten und neue Doppelstockzüge zum Einsatz kommen. Auf diese Weise wird eine höhere Auslastung des bestehenden Streckennetzes ermöglicht. Einen besonders starken Nachfrageanstieg erhofft sich die SBB im Bereich des Güterverkehrs: Bis ins Jahr 2050 sollen 60% mehr Waren auf der Schiene transportiert werden.
Nicht nur die Kapazitätssteigerung der Bahninfrastruktur ist in Planung; auch das Strassennetz soll ausgebaut werden. Im Rahmen des sogenannten Ausbauschritts 2023 sollen auf den Schweizer Nationalstrassen fünf umfangreiche Bauprojekte realisiert werden, die zu einer Entlastung der Städte führen sollen. Es ist jedoch zu befürchten, dass dieser Effekt bald wieder abflachen wird und die Massnahme insgesamt zu mehr Autos auf den Strassen führt. Ausserdem entstehen beim Bau neuer Strasseninfrastruktur Schadstoffe und Treibhausgas-Emissionen. Beim geplanten Ausbau der Bahninfrastruktur werden hingegen kaum neue Schienen verlegt.
Positiv auf die Klimabilanz auswirken würde sich ein Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos; denn die heute noch relativ geringe Anzahl an Ladestationen ist einer der Hauptgründe, weshalb viele Menschen den Kauf eines Elektroausbaus hinausschieben.
Weil der Ausbau der für ein bestimmtes Verkehrsmittel vorgesehenen Verkehrsinfrastruktur dazu führt, dass das betreffende Verkehrsmittel häufiger genutzt wird, sind die Aufwertung und die Erweiterung der Velowege für eine nachhaltigere Mobilität zentral. Mit der Annahme der Veloinitiative im Jahr 2018 ist der Ausbau der Velowege gesetzlich festgelegt: Bis Ende 2043 müssen Bund und Kantone ein Velowegnetz bauen und die Sicherheit für Fahrradfahrer erhöhen.
Die Qualität und Auslastung der Verkehrsinfrastruktur ist ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Wahl des Transportmittels. Um das Ziel einer nachhaltigeren Mobilität zu erreichen, müssen deshalb auf politischer Ebene dem Ausbau nachhaltiger Verkehrsinfrastrukturen die Wege geebnet werden. Nur so gelingt die Verkehrswende.
Quellen und weitere Informationen:
SBB: Ausbauschritt 2035 (STEP AS 2035)
SRF News: Bundesrat will Autobahnen ausbauen und Städte damit entlasten
Pro Velo Schweiz: Veloweggesetz / Art. 88 Bundesverfassung
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