Ratgeber: Film - Der Bahnhof der Schmetterlinge Empfehlung

Gefährdete Insektenarten drohen durch „Gateway Nord“ zu verschwinden. Gefährdete Insektenarten drohen durch „Gateway Nord“ zu verschwinden.

Ein ausrangierter Güterbahnhof als Naturschutzgebiet? Was im ersten Moment abwegig erscheint, ist in Basel knallharte Realität. Ein Schweizer Film diskutiert die darunter liegenden Zwiespältigkeit.

In Basel dient ein alter Rangierhof der Deutschen Bahn als eine der wichtigsten ökologischen Brücken der Schweiz. Nur noch über dieses kleine Gebiet können Arten, die sich nicht von allein über grosse Strecken verbreiten können (also vor allem Pflanzen und Insekten) vom Oberrheingraben in die Schweiz und umgekehrt gelangen.
Aber auch der Mensch nutzt die Region in ähnlicher Weise. Aufgrund der Rheinlage ist Basel ein Umschlagsplatz für den Nord-Süd-Handel Europas. Um dieser Funktion nachzukommen und die Kapazitäten auszubauen, wollen die SBB Cargo und die Gateway Nord AG ein «trimodales Gateway» am Standort des ausrangierten Güterbahnhofs bauen. Dort sollen Schiffe, LKW’s und Güterwagons ihre Waren umladen können. Dafür müsste das Schutzgebiet den Baggerschaufeln weichen. Logischerweise ergriffen Naturschutzorganisationen das Referendum. Doch es gab auch Gegenwind aus denselben Kreisen. Denn würde das neue Gateway gebaut, so müssten nach Bundesvorgaben mindestens 50% der hier anlangenden Güter auf der Schiene transportiert werden. Heute sind es knapp 10%. So argumentieren manche mit dem Klimaschutz für den Bau des Gateways, während andere in der Zerstörung des Biotops eine Katastrophe sehen.

Netzwerk der Natur, Netzwerk der Menschen

Um dieses Dilemma geht es im am 31.08. startenden Film «Bahnhof der Schmetterlinge». Der Film der Regisseure Martin Schilt und Daniel Ballmer steht ganz in seinem Zeichen. Verschiedene Aspekte der Diskussion werden in Interviews beleuchtet, während Einblendungen die verschiedenen auf dem Areal lebenden Pflanzen und Insekten vorstellen. Derweil wird nicht nur das ökologische Netzwerk gezeigt, sondern auch das menschliche: Indisches Aluminium wird von Antwerpen nach Basel geschifft, von dort per Güterzug ins Wallis, um zu Kaffekapseln oder Aludosen verarbeitet zu werden. Riesige Lagerhallen, in denen Gabelstapler mit höchster Präzision Waren verladen, kontrastieren die Magerwiesen die von Leben strotzen – wenn man denn näher hinschaut.
In diesen Natursequenzen glänzt der Film. Die Nahaufnahmen der Insekten sind beeindruckend und bringen eine konkrete Dramaturgie in die Erzählung, welche an anderen Stellen eher fehlt. Auch lässt uns die Erzählstimme kaum Momente zum Verschnaufen, zur Meinungsbildung während der eher kurzen Laufzeit von 70 Minuten.
Eine längere Spielzeit wäre also sicher hilfreich gewesen – auch um die Zeit mit den unglaublich schönen Insektenaufnahmen länger geniessen zu können.

Eine relevante Diskussion

Am Film packte uns die Verhandlung des Dilemmas, zu dem niemand so richtig eine Antwort bereithält. Zwar hat die Basler Stimmbevölkerung dem Bau des Gateways zugestimmt, doch der Bund verlangt, dass die Betreiber Ersatzareale zur Verfügung stellen und zudem beweisen, dass es nirgends einen anderen Ort gäbe, um das dieses Gateway zu bauen. Doch kann man solche wertvollen Flächen einfach so ersetzen? Wären diese ökologisch gleichwertig? Braucht die Schweiz dieses Terminal überhaupt? Und kann man Klimaschutz und Biodiversitätsschutz gegeneinander ausspielen?

Der Film bewegt sich durchwegs in diesem relevanten Widerstreit. Krasse Gegensätze zeichnen ihn: Hinter den Insekten und Pflanzen, dahinter bewegen sich riesige Güterzüge und LKW’s. Die Musik untermauert dies sehr treffend, und wenn es doch mal ‘still’ ist so verstärkt das gut gelungene Sounddesign diese Gegensätze. Anfahrende Dieselmotoren, surrende Kräne und zufallende Türen wechseln sich ab mit dem Surren der Bienen, dem Biss einer Gottesanbeterin und dem Sprung einer Heuschrecke.


Das verhandelte Dilemma ist im Endeffekt nicht nur auf dieses konkrete Beispiel zu limitieren. Wir werden in den kommenden Jahren immer öfter Entscheidungen darüber treffen müssen, was wir als wichtiger werten: Den Schutz der Biodiversität, den Klimaschutz oder unsere wirtschaftliche Stellung. Da er uns diese Verhandlung weder abnehmen kann, noch möchte, gibt der Film darauf keine Antwort. Vielleicht gibt es keine richtige Antwort ausser derjenigen, dass wir, um solchen Dilemmas künftig zu entkommen, weniger verbrauchen müssen? Wohin die gesellschaftlichen Antworten sich auch entwickeln mögen: Am „Bahnhof der Schmetterlinge“ werden wichtige Anregungen und Positionen angeliefert, um die Debatte darüber informiert zu führen.

Quellen und weitere Informationen:
Offizielle Webseite des Filmes

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