Freipass zur Regenwaldzerstörung?

31 Okt 2012

Die geplante Erneuerung des sogenannten „Codigo florestal“ in Brasilien löst national und international heftige Proteste aus. Mit ihrem zweiten Veto blockierte die brasilianische Präsidentin erneut die Verabschiedung des Gesetzes und sorgt für Hoffnung bei Umweltschützern.

Die Abholzung der tropischen Regenwälder ist weltweit eine der wichtigsten Ursachen für den globalen Klimawandel: sie soll für knapp ein Fünftel der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich sein. Auch die lokalen Folgen sind verheerend: die Abholzung beraubt nicht nur zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ihrer Lebensgrundlage, sondern bringt den gesamten Boden- und Wasserzyklus der betroffenen Regionen aus dem Gleichgewicht. Wie neue Erkenntnisse einer britischen Universität zeigen, vermindern die Rodungen die Niederschläge und könnten so künftig das Waldbrandrisiko erhöhen, für gefährliche Dürreperioden und andere Naturkatastrophen (wie z.B. Erdrutsche) sorgen. Diese würden die Natur, die lokale Bevölkerung und Landwirtschaft gefährden.

Die Abholzung der tropischen Regenwälder soll weltweit für knapp ein Fünftel der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich sein.

Die neuesten Entwicklungen zeigen jedoch, dass die brasilianische Landwirtschaftslobby andere Interessen vertritt als den Schutz des Waldes. Die über mehrere Jahre geplante Erneuerung des Waldgesetzes soll eine Amnestie für bereits getätigte, illegale Rodungen garantieren, neue Produktionsflächen bereitstellen und Anreize für neue Abholzungen schaffen. Gerodete Flächen müssten neu nicht wieder aufgeforstet werden. Eine Fläche von bis zu 76 Millionen Hektar wertvoller Tropenwald wäre so akuter Gefährdung ausgesetzt. Die Befürworter argumentieren mit den Vorteilen für die Wirtschaft, einer „realistischeren“ Regulierung, welche die heute zahlreichen illegalen Rodungen sanktionieren würde und der angeblichen Sicherstellung des Umweltschutzes, indem Produzenten in Regenwaldgebieten einen – nicht weiter präzisierten – „Nachhaltigkeitsplan“ erstellen müssten. Die grosse Mehrheit des Senats stimmte der Gesetzesänderung im Frühjahr 2012 zu.

Es fehlt nur noch die Bestätigung der Präsidentin Dilma Rousseff. Diese hat die Abstimmung hinausgezögert und nun bereits zum zweiten Mal ihr Veto eingelegt; nicht zuletzt aufgrund des internationalen Druckes. Die Regierung hat innerhalb von wenigen Wochen bereits mehrere hunderttausend Protest-Emails erhalten, und 85% der brasilianischen Bevölkerung sind gemäss einer repräsentativen Umfrage gegen die Gesetzesänderung.

85% der brasilianischen Bevölkerung sind gemäss einer repräsentativen Umfrage gegen die anstehende Gesetzesänderung.

Obwohl das Veto der Präsidentin für Hoffnung sorgt, kann noch nicht von einem Sieg ausgegangen werden. Die sehr einflussreiche brasilianische Agrar- und Wirtschaftslobby kritisiert das Verhalten der Präsidentin scharf. Selbst das Umweltministerium ist unzufrieden!

Fest steht, dass Brasilien seit 2010, also kurz nach Beginn der Diskussionen um die Gesetzesänderung, in vielen Gebieten einen sprunghaften Anstieg der Abholzungen verzeichnet. Die Regenwaldzerstörung ist von 2010 bis 2011 insgesamt um 43% gestiegen! Solange das Gesetz nicht festgelegt ist, wird anscheinend nach Bedarf abgeholzt. Die Zeit läuft…

 Interessante Links:

Protestaktion von „Rettet den Regenwald“: geben Sie jetzt Ihre Stimme ab.

Ungewöhnlich einstimmig lehnen alle Schweizer Parteien den neuen „Codigo Florestal“ ab:
http://www.wwf.ch/de/aktuell/news/waldgesetz.cfm

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