Wird ein AKW ausser Betrieb genommen und stillgelegt, entstehen riesige Kosten für den Rückbau der Anlage und die Entsorgung des Atommülls. Die gesamten Rückbau- und Entsorgungskosten für alle fünf Atomkraftwerke der Schweiz werden auf 16 Milliarden Franken geschätzt. Damit diese Kosten gedeckt sind und nicht auf die Steuerzahler übertragen werden müssen, existiert in der Schweiz ein Stilllegungs- und Entsorgungsfonds. Dieser wird vom Bund verwaltet, er bestimmt auch die Höhe der Beiträge. Die Richtlinien zur Bewirtschaftung dieses Fonds werden in der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds-Verordnung (SEFV) geregelt. Diese Verordnung wird momentan vom Bundesrat revidiert. Letzte Woche hat er Eckwerte der Revision definiert und Änderungen vorschlagen. Laut der Schweizerischen Energiestiftung SES gehen die Vorschläge in die richtige Richtung, aber zu wenig weit. Kritisiert werden hauptsächlich zwei Punkte: Die als zu optimistisch angesehenen Renditeziele des Fonds und die willkürlich festgelegte Restlaufzeit der Atomkraftwerke.
"Insgesamt ist eine reale Rendite von 2% möglich, aus unserer Sicht aber wahrscheinlich zu optimistisch eingeschätzt, da die eher grossen Risiken nicht vernachlässigbar sind."
Prof. Dr. Marc Chesney und Dr. Brigitte Maranghino-Singer (Institut für Banking und Finance der Universität Zürich)
Der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds erreichte im Jahr 2010 einen Stand von 9,8 Milliarden Franken. Das Geld wird vom Bund in verschiedenen Finanzprodukten angelegt, damit Zinserträge generiert werden können. Das Problem ist nur, dass Zinserträge nicht genau vorhergesagt werden können. Wird mit Zinserträgen von beispielsweise 5% gerechnet, die Zinserträge betragen real aber nur 2%, könnten die Stilllegungskosten am Tag X nicht komplett durch den Fonds finanziert werden und würden auf die Steuerzahler übertragen. Das will die SES unbedingt verhindern und fordert, das Renditeziel des Fonds von heute 5% auf 1,5% zu senken.
Heute werden die Fondsbeiträge auf eine 50-jährige Laufzeit des Atomkraftwerks hochgerechnet. Die SES will die Laufzeit auf 40 Jahre verkürzen. Sie schreibt in einer Medienmitteilung: „Damit würde die Gefahr abgefedert, dass ein AKW zum Beispiel aus Sicherheitsgründen oder durch eine politische Entscheidung abgeschaltet wird, bevor das Geld im Stilllegungs- und Entsorgungsfond geäufnet ist.“
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor in der Berechnung der Entsorgungskosten ist die mangelnde Erfahrung mit solchen Grossprojekten. Verschiedene Länder wie Belgien, Frankreich, Schweden, Slowakei, Spanien und die USA rechnen mit Sicherheitszuschlägen von bis zu 75% zu den heute berechneten Entsorgungskosten. Bei der Änderung der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds-Verordnung wird vom Bundesrat ein Sicherheitszuschlag von 30% vorgeschlagen. Ob das reicht, wird die Zukunft zeigen.
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