Das Public Eye wirft ein kritisches Licht auf die Geschäftspraktiken von Unternehmen und bietet eine Plattform, um Verletzungen der Menschenrechte und die Umweltzerstörung anzuprangern. Vergeben wird ein Publikums- und ein Jurypreis. Die Preisverleihung findet absichtlich jeweils gleichzeitig mit dem World Economic Forum WEF in Davos statt.
Nominiert für den diesjährigen Anti-Preis waren: Eskom, FIFA, Gap, Gazprom, GlencoreXstrata, HSBC, Marine Harvest und Syngenta/Bayer/BASF. Mehr als 280'000 Menschen aus aller Welt haben online abgestimmt. Mit 95‘279 Stimmen hat der Ölkonzern Gazprom mit grossem Vorsprung den Publikumspreis gewonnen. Gazprom ist das erste Unternehmen, das eine Bohrplattform in der Arktis errichtet hat. Als die Crew des Greenpeace-Schiffs Arctic Sunrise am 18. September 2013 friedlich gegen das Fördern von Öl in arktischen Gewässern protestierte, hatten die russischen Behörden Anklage gegen die Aktivisten wegen „Hooliganism (Rowdytum)“ erhoben. Aufgrund einer Amnestie des russischen Parlaments ist die Anklage fallen gelassen worden. Durch die extremen Bedingungen in der Arktis mit Temperaturen bis - 50 ° C, Eisbedeckung, heftigen Stürmen und Dunkelheit sind Ölbohrungen besonders riskant. Eine Studie des U.S. Geological Survey kam zum Schluss, dass es keine umfassende Methode für die Reinigung von ausgelaufenem Öl in Meereis gibt. Eine Meeresfläche von über 140‘000 km2, 3‘000 Küstenkilometern, nahegelegene Nationalparks sowie der Lebensraum von arktischen Vögeln und Meerestieren sind somit akut gefährdet. Gazprom verursachte bereits bei seinen kontinentalen Bohrungen eine beträchtliche Anzahl Öllecks. Zudem war der russische Konzern in einen Bohrunfall im Dezember 2011 involviert, bei dem 53 Menschen ums Leben kamen. Budgetkürzungen und fehlende Sicherheitsmassnahmen haben massgeblich zu diesem Unfall beigetragen.
„Wir müssen sicherstellen, dass unser Wirtschaftsmodell mit unserem Wertesystem kompatibel ist und nicht, dass die Märkte es uns vordiktieren. Die Public Eye Awards machen auf unsere verlorengegangenen Werte aufmerksam.“
Tomáš Sedlácek, Ökonom
Der Jury-Preis geht an den US Textilgigant Gap. Bei dem Einsturz der Rana-Plaza-Fabrik in Bangladesch, die auch für Gap Kleider produzierte, kamen mehr als 1‘100 Menschen ums Leben. Daraufhin haben über 100 global tätige Bekleidungsfirmen den „Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh“ unterzeichnet. Das Abkommen verlangt höhere Sicherheitsstandards, unabhängige Fabrikkontrollen und verpflichtet alle unterzeichnenden Unternehmen dazu, einen finanziellen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit in Fabriken zu leisten. Gap weigert sich bis heute, das Abkommen zu unterzeichnen. Mehr als 4 Millionen Menschen, 85% davon Frauen, arbeiten in der Bekleidungsindustrie in Bangladesch. Der Sektor wächst enorm. Für den Profit der Textilkonzerne zahlen vor allem die Arbeitnehmenden. Wegen der Missachtung von Sicherheitsstandards kommt es häufig zu Fabrikbränden und zum Einsturz von Gebäuden. Internationale Marken wie Gap, welche Kleider in Bangladesch herstellen lassen, kümmern sich nicht darum, ob ihre Zulieferer die minimalen Sicherheitsstandards in den lokalen Gesetzen einhalten. Zudem müssen Arbeitnehmende oft unzumutbar lange Schichten leisten, und dies zu einem Hungerlohn. Gaps Weigerung, einen Beitrag für die Sicherheit der Arbeitnehmer zu leisten, bringt das Leben zahlreicher Menschen in ernsthafte Gefahr.
Zwar widmete sich das WEF dieses Jahr auch Gesundheits-und Umweltthemen; es blieb jedoch bei schönen Worten an die Medien. Die Public Eye Awards fordern deshalb eine kritische Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Wirtschaftsmodell, konkrete Massnahmen und rechtlich verbindliche Regulierungen von Staat und Konzernen.
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