In den letzten Jahren wanderten vermehrt Wölfe aus Italien und Frankreich in die Schweiz ein. Sie kommen in unseren Alpenraum zurück, wo sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgerottet worden waren. Heute sind sie geschützt und führen zu Nutzungskonflikten. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat daher ein Konzept Wolf erstellt und dieses nun überarbeitet. Mitunter ein Grund dafür: Die Anzahl der Wölfe hat stetig zugenommen. Seit 2012 hat sich gar ein Wolfsrudel am Calanda (GR) etabliert – das erste in der Schweiz seit 150 Jahren. Zurzeit sind insgesamt 25 bis 30 Wölfe auf Schweizer Gebiet unterwegs. Die Rückeroberung seines ursprünglichen Territoriums verlangt Massnahmen, um Konflikte mit Tierhaltern zu minimieren. Damit Tierhalter und der Wolf nebeneinander existieren können, müssen Herdenschutzmassnahmen getroffen und im Schadensfall Entschädigungen bezahlt werden.
Neue Regelungen für AbschussÖkologisch wie ökonomisch ist das Schwarznasenschaf im Oberwallis unersetzbar und aus der Walliser Kultur nicht mehr wegzudenken“
Stellungnahme des Oberwalliser Schwarznasenschafzuchtverbandes (OSNZV) zum Wolfskonzept 2014
Das Bafu hat das Konzept Wolf von 2010 in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen und betroffenen Interessengruppen überarbeitet. Es tritt voraussichtlich im Frühjahr 2015 in Kraft. Neu soll die Regulation der Wölfe in der Schweiz dann möglich sein, sofern die Bestände durch regelmässige Fortpflanzung gesichert sind und das Monitoring dafür besteht - mit nur einem Rudel am Calanda ist das noch nicht der Fall. Ausserdem wird im neuen Konzept Wolf bei Rudeln ein erleichterter Abschuss von einzelnen schadenstiftenden Wölfen auf geschützten Weiden möglich. Voraussetzung dafür sind drei Angriffe durch ein Rudel mit insgesamt zehn gerissenen Schafen. Zudem müssen die zumutbaren Herdenschutzmassnahmen umgesetzt sein. Die heute schon bestehende Möglichkeit, einzelne Tiere aufgrund einer Ausnahmebewilligung abzuschiessen, bleibt unverändert. Bisher wurden in der Schweiz acht Wölfe legal erlegt: sieben im Wallis und einer in Graubünden.
Erfahrungen aus zahlreichen europäischen Ländern, in denen Grossraubtiere regulär gejagt werden, zeigen klar, dass sich damit Schäden an Nutztieren nicht verhindern lassen.“
Medienmitteilung Gruppe Wolf Schweiz
Schwarze Nase, schwarzer Peter
Schafzuchtverbände bezeichnen den Entwurf des Wolfkonzepts als inakzeptabel, weil aufgrund der komplizierten Verfahren der Wolf kaum reguliert werden könne. Sie fordern, dass schadenstiftende Wölfe in jedem Fall abzuschiessen seien, zumal der Wolf keine vom Aussterben bedrohte Tierart sei. Diese Aussage ist aus unserer Sicht heikel. Zwar kategorisiert die Uno-Naturschutzbehörde IUCN den Wolf (Canis lupus) weltweit als nicht gefährdet. Gleichzeitig gilt der Wolf laut den Roten Listen der Schweiz noch immer als Regionally Extinct, also in der Schweiz ausgestorben; noch ist hier kein gesicherter Nachwuchs gezeugt worden.
Insbesondere von Schwarznasen-Schafzüchtern aus dem Wallis gibt es Widerstand gegen das neue Konzept: Ihre Bestände seien durch den Wolf gefährdet und die durch die Umweltverbände vorgeschlagenen Herdenschutzmassnahmen seien auf die Schwarznasenschafe grösstenteils nicht anwendbar, schreibt der Zuchtverband (OSNZV) in seiner Stellungnahme. Sie verunmöglichten sogar eine artgerechte Haltung während der Alpsömmerung und einen artgerechten Weidegang. „Ökologisch wie ökonomisch ist das Schwarznasenschaf im Oberwallis unersetzbar und aus der Walliser Kultur nicht mehr wegzudenken“, schreibt der OSNZV. Ob das Schwarznasenschaf wirklich durch den Wolf gefährdet ist, scheint fraglich: Immerhin beziffert der OSNZV den Bestand per 1. Juni 2014 auf 16‘000 Tiere.
„Bejagung löst Problem nicht“
Die Gruppe Wolf Schweiz glaubt, dass eine Bejagung des Wolfs weder Schaf noch Wolf nütze. „Erfahrungen aus zahlreichen europäischen Ländern, in denen Grossraubtiere regulär gejagt werden, zeigen klar, dass sich damit Schäden an Nutztieren nicht verhindern lassen“, schreibt die Gruppe in einer Medienmitteilung. Dazu würde sich einzig der Herdenschutz eignen. Umweltverbände weisen zudem immer wieder darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der Verluste an Schafen durch Grossraubtiere verursacht wird. Eine Studie von Alp Futur von 2012 zeigt, dass wohl weniger als sieben Prozent der Abgänge auf Wolf, Luchs und Bär zurückzuführen sind. Ein Grossteil der Schafe fiel anderen Ursachen wie Blitzschlag, Steinschlag, Absturz oder Krankheit zum Opfer – ohne dass die Halter eine Entschädigung dafür erhielten.
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