Plastiksäcke: Bafu will Kostenpflicht für Mehrwegsäcke und Verbot von Einwegsäcken

Die Tasche aus Textil statt aus Plastik, zum Wohle der Umwelt Die Tasche aus Textil statt aus Plastik, zum Wohle der Umwelt

Wegwerf-Plastiksäcke erfreuen sich grosser Beliebtheit. Ihr achtloser Gebrauch führt aber auch zu schwerwiegenden Umweltproblemen. Bereits kennen daher etliche Länder ein Verbot oder Gebühren auf den Tüten. Auch die Schweiz will mitziehen – weil sich die Interessenvertreter aber noch nicht einigen konnten, verzögert sich das Verbot bis voraussichtlich Anfang 2016. Eine Einigung scheint aber neuerdings immer wahrscheinlicher. Das Bafu schlägt nun vor: Nicht nur Einweg-Plastiksäcke verbieten, sondern gleich auch Mehrwegsäcke kostenpflichtig machen.

Praktisch aber schädlich

Nach Feierabend noch kurz etwas einkaufen, den gratis Plastiksack bei der Kasse abreissen, einpacken. Dieses Prozedere spielt sich tausendfach in Schweizer Lebensmittelgeschäften ab. Vor allem Jugendliche greifen nach dem Einweg-Plastiksack, wie eine Verkäuferin bei Coop gegenüber umweltnetz-schweiz erklärt. Seit die Plastiksäcke 1977 erstmals in amerikanischen Supermärkten eingeführt wurden, erfreuen sie sich wachsender Beliebtheit. Der Beutel aus Polyethylen (PE) ist praktisch, leicht und relativ stabil – zweifelsohne. Aber wer sich die negativen Folgen dieser Taschen vergegenwärtigt – Erdölverbrauch und Umweltbelastung bei der Herstellung, Verschmutzung ganzer Meere und Landstriche nach dem Gebrauch – müsste eigentlich schnell auf wiederverwendbare Taschen umsteigen.

Öl-Verschleiss

Immerhin 1,5 Prozent des weltweiten Erdölverbrauchs geht laut Branchenverband Swiss Plastics auf Kosten der PE-Produktion. Etwa 40 Milliliter Erdöl benötigt es zur Herstellung eines Plastiksacks. Gleichzeitig brauchen wir eine Plastiktüte durchschnittlich 20 Minuten lang (100 grüne Lösungen). Weltweit werden jährlich rund eine Trillion Plastiksäcke genutzt; sie brauchen bis zu 1000 Jahre, bis sie zersetzt sind. Trotzdem sind die Taschen beliebt: in der Schweiz werden laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) jährlich rund 3000 Tonnen davon verbraucht. Das sind 19 Stück pro Kopf und Jahr. Die Losung wäre scheinbar einfach: Plastiksäcke in jeglicher Form einfach verbieten oder eine hohe Gebühr einführen. Schliesslich könnten wir Konsumenten nicht nur den Lebensmitteleinkauf gleich im Rucksack verstauen, sondern auch die neue Hose.

Verbote und Gebühren nehmen zu

Dass wir die Rascheldinger vor allem deshalb gebrauchen, weil sie eben praktisch, gratis und gleich zur Hand sind (ganz nach dem Motto: „besser noch doppelt einpacken, kostet ja nix“) zeigt das Beispiel von Irland: Seit die Säckchen 22 Cent pro Stück kosten, ist der Verbrauch pro Person von 328 Stück auf 21 pro Jahr gesunken, wie die Aargauer Zeitung berichtet. Eben erst hat Schottland gleichgezogen und eine minimale Gebühr auf alle Tragtaschen (Plastik, Papier oder kompostierbar) bei allen Detailhändlern eingeführt. Im US-Staat Kalifornien gilt ab 1. Juli 2015 ein Verbot von Plastiktaschen in Lebensmittelgeschäften und Drogeriemärkten. Ab 2016 dürfen auch kleinere Geschäfte und Spirituosenläden die Plastiksäcke nicht mehr feilbieten. Italien verbot die Plastiksäcke sogar bereits auf 2011. Auch in der Schweiz ist ein Verbot der Einweg-Plastiksäcke in Ausarbeitung. Ständerat und Nationalrat haben 2012 der Motion „Stopp der Verschmutzung durch Wegwerf-Plastiksäcke“ des Nationalrats Dominique de Buman (cvp, fr) zugestimmt. Seither arbeitet das Bafu an der Umsetzung des Verbots.

Umsetzung zieht sich hin

Zuerst war geplant, das Verbot auf Anfang 2015 einzuführen. Nachdem das Bafu anfangs 2014 in einem Umsetzungsentwurf allerdings vorgeschlagen hatte, die Gratisabgabe von Tragtaschen generell zu verbieten gingen die Interessenvertreter auf die Barrikade. „Mit diesem Vorgehen überschreitet das Bafu klar seine Kompetenzen und setzt sich über das Parlament hinweg“, schrieb zum Beispiel der Schweizer Gewerbeverband (sgv) in einer Medienmitteilung.

Säckchen für Früchte und Gemüse ausgenommen

Nun scheinen sich die Wogen wieder etwas geglättet zu haben. Letzte Woche fand ein weiteres Treffen von Interessenvertretern statt. Die Motion werde in der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA) umgesetzt, erklärt Bafu-Informationsbeauftrage Rebekka Reichlin gegenüber umweltnetz-schweiz. Der Vorschlag: Sowohl die Gratis- als auch die kostenpflichtige Abgabe von Einweg-Plastiksäckchen an der Kasse soll verboten werden. Das heisst, alle Säcke, die zum einmaligen Gebrauch vorgesehen sind und vollständig oder teilweise aus Plastik aus fossilen Quellen hergestellt wurden, dürfen nicht mehr abgegeben werden. Ausgenommen davon wären Plastiksäcke, die direkten Kontakt zu Lebensmitteln wie Früchten, Gemüse oder Fleisch haben.

Mehrwegsäcke sollen etwas kosten

Nicht einbegriffen wären Mehrwegsäcke, wie sie zum Beispiel Kleiderläden oft gebrauchen. Hier hat das Bafu den zusätzlichen, eigenen Vorschlag vom ersten Treffen wieder aufgegriffen: „Die Abgabe von Mehrwegsäcken soll grundsätzlich etwas kosten“, erklärt Rebekka Reichlin. Dank der Kostenpflicht bekämen die Säcke einen Wert und würden eher mehrmals verwendet. Das Bafu möchte damit einerseits Mehrwegsäcke fördern und andererseits die Konsumenten sensibilisieren. Die Geschäfte dürften gemäss Bafu-Idee die Säcke dann nämlich weiterhin gratis abgeben, wenn sie die Kunden auf die Mehrfachnutzung hinweisen. Die vorgeschlagene Kostenpflicht würde also in diesen Fällen nicht gelten; viele Grossverteiler verkaufen solche Mehrwegtaschen schon heute.

Verbot gilt wohl ab 2016

Voraussichtlich im ersten Quartal 2015 eröffnet das verantwortliche Departement (Uvek) die Vernehmlassung für eine entsprechende Änderung der TVA. Dort sollen diese Vorschläge einfliessen. Das Bafu rechnet noch immer damit, dass das Plastiksackverbot Anfang 2016 in Kraft treten wird. „Es ist aber möglich, dass Verzögerungen auftreten“, gibt Rebekka Reichlin zu bedenken. Es handle sich um ein komplexes Thema, da sehr viele Leute involviert seien.

Was sind die Alternativen?

Wer einkaufen geht, braucht auch Behältnisse, um die Waren zu transportieren. Wer seinen persönlichen Verbrauch an Plastiksäcken reduzieren möchte, kann dies einerseits damit tun, eigene Taschen oder Rucksäcke mit in den Laden zu nehmen. Plastiksäcke für Gemüse und Früchte sind zum Teil fast unumgänglich. Hier bietet sich an, gebrauchte Säckchen wiederzuverwenden. Bei einigen Gemüse- und Früchtesorten können die Waren auch direkt in der Tasche oder im Rucksack verstaut werden.                                           

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