Die Schweizer Wald- und Holzbranche schlägt Alarm. Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Januar dieses Jahres drohen die Branchen in eine schwerwiegende Krise zu stürzen. Für viele Holzbetriebe ist der Export zurzeit ein Verlustgeschäft. Markus Brunner, Direktor von Waldwirtschaft Schweiz, prognostiziert ein schlechtes Jahr, denn es drohen ein Ertragsausfall von 165 Mio. Franken, Werkschliessungen und ein Verlust vieler der 12‘000 Jobs. Die europäische Konkurrenz ist, aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen und allgemeiner Aufwandseinsparungen, deutlich günstiger. Produkte aus dem EU-Raum sind im Vergleich zu 2009 rund 40 % billiger geworden. Die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft profitiert kaum von Vorleistungen aus dem Euroraum, da sie stark standortgebunden ist. Durch den Wegfall an Einnahmen drohen Werkschliessungen und ein Abbau bei den Forstbetrieben. Ausserdem ist die Waldpflege in Frage gestellt und somit auch die Widerstandsfähigkeit des Schweizer Waldes gegenüber den Folgen des Klimawandels.
Bewirtschaftung der Wälder von immenser Bedeutung
Die Wälder sind von zentraler Bedeutung für unser Ökosystem. Zum einen sorgen sie dafür, dass ein Teil unserer CO2-Emissionen wieder in Sauerstoff umgewandelt wird. Weiterhin verhindern die Schutzwälder Lawinen und Steinschläge. Sie bieten zudem eine willkommene Rückzugsmöglichkeit, um dem hektischen Alltag für einen Moment zu entfliehen. Fällt die Bewirtschaftung weg, schwächt dies den Wald. Die fehlende Bepflanzung mit Jungbäumen führt zu einer Überalterung der Wälder und macht sie dadurch anfälliger für Schädlinge (Beispiel: Borkenkäfer). Der Wasserkreislauf ist ebenfalls auf einen möglichst intakten Wald angewiesen. Denn das Grundwasser aus den Schutzwäldern lässt sich trinken, eine mangelhafte Bewirtschaftung senkt jedoch die Wasserqualität. Urs Wehrli, Leiter Kommunikation & Politik von Waldwirtschaft Schweiz, wagt einen Ausblick: „Unter dem Strich dürfte die Holzernte in Zukunft weiter zurückgehen. Das bedeutet, dass die Wälder altern und dunkler werden. Spechte, Käfer und Pilze profitieren vom zunehmenden Totholz. Licht und Wärme liebende Pflanzen (Orchideen) und Tiere werden dagegen Lebensraum verlieren.“ Wegen der fehlenden Einnahmen verzichten viele Waldbesitzer auf eine ausreichende Bewirtschaftung. „Sie lassen nicht mehr holzen, weil sie sowieso nur drauflegen“ meint Markus Brunner gegenüber 20min. Ausserdem bedrohen rasant ausbreitende invasive Neophyten die Schweizer Wälder. Die mangelhafte Bewirtschaftung bietet den nicht einheimischen Pflanzen zusätzlichen Nährboden.
„Unter dem Strich dürfte die Holzernte in Zukunft weiter zurückgehen.“
Urs Wehrli, Leiter Kommunikation & Politik von Waldwirtschaft Schweiz
Im Mediencommuniqué vom letzten Donnerstag listen die Branchen elf Forderungen an die Politik auf. Von Bund und Kantonen verlangen sie Investitionen und Steuererlasse. Die Investitionen sollen im Rahmen der Waldgesetzrevision, lediglich vorgezogen werden. Es käme damit zu keinen Mehrausgaben für den Staat. Zudem wird die Forderung gestellt, die beiden Branchen mit einer befristeten Aufhebung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) für Rohholztransporte inklusive Leer-Rückfahrten zu entlasten. Weiter soll das Gesamtgewicht für Holztransporte von 40 auf 44 Tonnen erhöht werden. Dies geschehe im möglichen gesetzlichen Rahmen. Waldstrassen würden dabei nicht stärker belastet. Holztransporte sind in Frankreich sogar bis 57 Tonnen Gesamtgewicht zugelassen. Seit der ersten Frankenaufwertung 2009 setzen die Branchen auf eine starke Vermarktung des Markenzeichens ‚Schweizer Holz‘, welches für eine Schweizer Herkunft und Qualität der Produkte bürgt.
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