Schweizer Delegationsleitung an der COP23: Interview mit Franz Perrez

Schweizer Delegationsleitung an der COP23: Interview mit Franz Perrez

Umweltnetz-Schweiz war an der Weltklimakonferenz 2017 in Bonn. Im Rahmen der Veranstaltung trafen wir den Botschafter Franz Perrez, Leiter der Schweizer Delegation, zum Gespräch.

Wie beurteilen Sie den Konferenz-Verlauf?
Die Verhandlungen verliefen sehr harzig. Die unterschiedlichen Vorstellungen zwischen den Ländern, die robustere Regeln wollen und jenen gewissen Staaten, die grössere Verhandlungsspielräume erreichen wollen, führten zu einer Verlangsamung des Prozesses. Leider wurde zudem nur über Strukturen verhandelt. Über Substanz zu sprechen, wurde blockiert. Die Positionen der einzelnen Staaten sind noch weit voneinander entfernt.

Immerhin - und das muss doch als Erfolg gewertet werden - liegt jetzt endlich eine umfassende Dokumentation vor, die alle technischen Dinge zusammenfasst und als Grundlage für die weiteren Verhandlungen in 2018 dient. Darin sind jetzt alle Elemente zusammengetragen - aber klar, es handelt sich um eine Verzögerungstaktik.

Hatten Sie erwartet, dass in Bonn konkrete Wegmarken nach Paris COP 21 gesetzt würden?
Die Schweiz strebte für die Klimakonferenz in Bonn keine Wegmarken an. Unser Ziel war es  -zusammen mit anderen Ländern-, ein klares politisches Signal für das Pariser Abkommen zu setzen, was angesichts der politischen Entwicklung in den USA wichtig war. Das ist uns sicher auch deshalb gelungen, weil viel mehr Ministerinnen und Minister und prominente Klimaschutz-Streiter (wie Al Gore, Arnold Schwarzenegger, Laurent Fabius) sowie Staats- und Regierungschef/innen (Angela Merkel, Emmanuel Macron, Doris Leuthard, mehrere Premierminister von kleinen Inselstaaten)  an der Konferenz teilgenommen hatten und sich klar zugunsten des Pariser Abkommens ausgesprochen haben. Ausserdem haben ausserordentlich viele NGOs und private Akteure mit vielfältigen Veranstaltungen ihren Forderungen und ihrem Engagement zugunsten des Klimaschutzes und des Pariser Abkommens Ausdruck verliehen.

In Bonn wurde kein detaillierter Fahrplan für die Verhandlungen mit Wegmarken verhandelt – klar ist, dass wir für die nächste Klimakonferenz in Polen 2018 einen Verhandlungstext brauchen werden. Dieser wird aber wohl erst im Sommer 2018 vorliegen.

Welches ist der Inhalt dieser Verhandlungsbasis?
Im Gegensatz zu Paris, wo eine politische Willenskundgebung zustande kam, sind technische Inhalte und Regeln zu definieren. In den Dokumenten sind die unterschiedlichen Elemente zu allen Punkten aufgeführt, die in der Ausarbeitung von Regeln verhandelt werden müssen.  Dieses Regelwerk schafft Klarheit für 2018 und ist die Grundlage, auf der im nächsten Jahr auf der COP 24 in Katowitze konkrete Beschlüsse (z.B. über Berichterstattung, Reduktionsziele oder zu Finanzierungs- und Versicherungsfragen) gefasst werden können.

Wie beurteilen Sie die Situation für den Klimaschutz in der Schweiz, nachdem die Ratifizierung des Pariser Abkommens zwei Jahre gedauert hat und die Schweiz eines der letzten Länder war?
Die Ratifikation von internationalen Abkommen dauert in unserem System länger als in anderen Ländern. Das schweizerische direktdemokratische System scheint mir viel besser zu sein, als ein System, in dem eine Ratifikation eines derart wichtigen Abkommens von der Regierung ohne Rücksprache mit dem Parlament beschlossen werden kann. Deshalb spielt es keine Rolle, in welcher Reihenfolge die Staaten ratifizierten.

Das Parlament wird nun als nächstes das CO2-Gesetz beraten, welches die Umsetzung des Pariser Abkommens durch die Schweiz betrifft. Im Übrigen setzen wir das Kyoto-Protokoll konsequent im Gleichschritt mit der EU um, obwohl dessen zweite Verpflichtungsperiode (mangels genügender Anzahl Staaten) eigentlich noch nicht in Kraft ist. Wir wollen die Emissionen bis 2020 um 20%, bis 2030 um 50% gegenüber 1990 reduzieren, was noch einiger Anstrengungen bedarf.

 

Das Interview führte Dr. Hans-Niklaus Müller in Bonn am 14.11.2017.

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