Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bemüht sich neben wirtschaftlichen Themen auch um einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt in allen Mitgliedstaaten. Aus diesem Anlass wurde auch der Umweltzustand in der Schweiz analysiert. Die Resultate wurden im November 2017 in einem Bericht veröffentlicht, der offenbart, dass die Schweiz alles andere als ein Musterschüler ist. Im Bereich Naturschutz gibt es noch sehr viel Nachholbedarf.
Einige Fortschritte wurden erzielt
Die OECD zeigte sich erfreut über einige Entwicklungen in der Schweiz. So begrüsst sie zum Beispiel die anstehende Energiewende, die sowohl der Wirtschaft wie auch der Umwelt Auftrieb verleihen wird. Zudem seien die Erhöhung der CO2-Steuer, die angestrebte Verlagerung des Warentransports auf den Schienenverkehr und der geplante Emissionshandel in Zusammenarbeit mit der EU ein Fortschritt in der Klimapolitik. Doch das war es dann auch schon mit den positiven Veränderungen seit der letzten Überprüfung 2007. Die Liste der entdeckten Mängel im Umgang mit der Umwelt in der Schweiz ist lang.
OECD kritisiert unsere Konsumgewohnheiten
Allem voran kritisiert die OECD in ihrem Bericht das Konsumverhalten der Schweizer. Mit 742 Kilogramm Siedlungsabfall pro Jahr und Kopf haben die Schweizer einen der grössten ökologischen Fussabdrücke aller Mitgliedsstaaten. Was das Recycling anbelangt, seien wir auf gutem Kurs - dennoch bleibt viel Luft nach oben.
Der Schutz der Biodiversität kommt nur schleppend voran
Dass die Biodiversität eines der grössten Sorgenkinder der Schweiz ist, zeigt der äusserst hohe Anteil an gefährdeten Arten. Von allen untersuchten Spezies gelten erschreckende 36 Prozent als bedroht. Kaum ein anderes Mitgliedsland der OECD muss derart dringend an Artenerhaltungsmassnahmen arbeiten wie die Schweiz. Der im September 2017 verabschiedete Aktionsplan Biodiversität sei ein Anfang, doch es fehlen quantitative Ziele, klare Indikatoren und vor allem finanzielle Mittel. Die OECD bemängelt, dass in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz nicht mehr Geld in den Natur- und Artenschutz investiert wird.
Neben der schlechten Artenförderung wurden auch die Schweizer Schutzgebiete kritisiert. Mit bescheidenen 12 Prozent der Landesfläche besitzt die Schweiz europaweit einen der kleinsten Anteile an Schutzgebieten – trotzt den vielen gefährdeten Arten. Die Schweiz wird das UNO-Ziel, welches mindestens 17 Prozent geschützte Landesfläche bis 2020 verlangt, nicht erreichen. Zudem sind die vorhandenen Schutzgebiete zu klein und zu isoliert, und der Unterhalt der Gebiete ist teilweise ungenügend.
Selbst verfassungsmässig geschützte Moore erhalten zu wenig Schutz, sodass die Moorflächen weiterhin schrumpfen und wertvolle Ökosysteme verloren gehen.
Mit Bedauern schaut die OECD auch auf das Scheitern des Nationalparkprojekts im Grenzgebiet zwischen Graubünden und Tessin. Seit mehr als 100 Jahren hat es die Schweiz nicht zustande gebracht, einen weiteren Nationalpark zu schaffen.
Schlechte Gewässerqualität
Die Qualität der aquatischen Lebensräume wird als ein weiterer Problemfaktor im OECD Bericht genannt. Pestizide aus der Landwirtschaft und Mikroverunreinigungen aus Haushalten und Industrie setzen den Gewässern zu. Als Adern der Biodiversität müssen Fliessgewässer und Feuchtgebiete in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt werden. Nur so können zum Beispiel gefährdete Fische gerettet werden – acht Arten sind in der Schweiz seit längerer Zeit bereits verschwunden.
Besorgniserregend ist auch der Zustand der grossen Schweizer Seen. Die Hälfte der 20 grössten Seen leiden nach wie vor unter übermässigem Nährstoffeintrag, und einige müssen sogar künstlich belüftet werden.
Es bleibt zu hoffen, dass der OECD Bericht, der den erschreckenden Zustand der Schweizer Natur darlegt, Wirkung zeigt. Die Schweiz mit einer von Natur aus ausserordentlichen biologischen Vielfalt, die allerdings stärker bedroht ist als in anderen Industriestaaten, muss sich stärker für den Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität engagieren. Sie ist unsere Lebensgrundlage und erbringt unentbehrliche Ökosystemleistungen.
OECD Bericht Umwelt Schweiz
Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom 27.11.2017
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