Die Schweizer Armee als Umweltschützerin zu bezeichnen, scheint etwas hochgegriffen. Dennoch: Verschiedene Rahmenbedingungen verpflichten das Militär, die Umwelt zu schonen.
Ein Weckruf
Bis in die 1980er Jahre war die Schweizer Armee der Auffassung, dass sie ein Liebkind der Schweizer Bevölkerung sei und somit auf fast gar nichts Rücksicht nehmen müsste; auch nicht auf die Natur. Ein Schuss vor den Bug war die deutliche Annahme der Rothenturm-Initiative 1987. Auslöser war ein Waffenplatzprojekt der Armee im Hochmoor von Rothenturm. Die betroffenen Landwirte wurden aktiv und forderten in einer Initiative nicht nur den Schutz ihres Moores, sondern einen schweizweiten Schutz. Ein weiterer Schlag für die Armee war die Armee-Abschaffungsinitiative 1989. Militärangehörige liessen im Vorfeld der Abstimmung verlauten, mehr als 10% Ja-Stimmen wären schon bitter. Es kam schlimmer. Satte 35,6 % stimmten der Initiative zu. Von nun an wusste das Schweizer Militär, dass es nicht mehr uneingeschränkte Sympathien in der Schweizer Gesellschaft genossen.
Die Erfüllung eines Auftrags
Nach der Bundesverfassung sind die Aufgaben der Landesverteidigung und der Schutz von Natur und Landschaft grundsätzlich gleichwertig. Im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) heißt es in Artikel 3 Absatz 1, dass der Bund, seine Anstalten und Betriebe - also auch die Armee – verpflichtet sind, bei der Erfüllung der Bundesaufgaben, das heimatliche Landschafts- und Ortsbild zu schonen und - wo das zivile das militärische Interesse übertrumpft - ungeschmälert zu erhalten. Seit Inkrafttreten des NHG 1966 gilt dieser Auftrag – es wurde somit höchste Zeit, dass sich auch die Armee daran hielt.
1991 wurde als erstes ein Konzept für den Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen umgesetzt. Im Jahre 1996 erstellte das Eidgenössische Militärdepartement EMD (heute Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) ein Umweltleitbild. Es verfolgte unter anderem das Ziel, bei der militärischen Ausbildung die Belange von Natur und Umwelt zu berücksichtigen und für eine zweckmässige Schulung und Information zu sorgen. Daraus entstand die Ausbildung im Umweltschutz für die Kommandanten, die Stäbe und Spezialisten. Heute werden Berufsmilitärs, ABC-Unteroffiziere und ABC-Offiziere zu Umweltbeauftragten ausgebildet. Diese Fachleute beraten Kommandanten bei der Umsetzung von Umweltschutzmassnahmen bei der Truppe. Das heißt einerseits, dass jeder Angehörige der Armee auf einen verantwortlichen Umgang mit der Umwelt aufmerksam gemacht wird. Andererseits muss der Umweltschutz in alle militärischen Aktivitäten einbezogen werden; beispielsweise in die Planung umweltschonender Routen bei Panzerübungen oder dadurch, dass mit den Fahrzeugen möglichst nur Strassen und Wege benutzt werden.
Das Programm Natur Landschaft Armee (NLA)
Auch der Natur- und Landschaftsschutz gewann in der Armee immer mehr an Bedeutung.
1999 startete das Programm Natur Landschaft Armee (NLA). Damit überprüfte das Kompetenzzentrum Natur des VBS bis heute über 100 militärisch genutzten Areale, ob und welche schützenswerten Lebensräume, Arten und Landschaftsmerkmale vorkommen. Daraus entstanden Nutzungspläne, die auch Interessenüberlagerungen zwischen Natur- und Landschaftsschutz, Militär und Dritten regeln. Armeeareale im Flachland haben heute einen Anteil von 13% an schützenswerten Lebensräumen – der Landesdurchschnitt liegt bei 4%.
Mit einer Fläche von 24 000 ha Land und 9500 Gebäuden ist das VBS eines der grössten Nutzer von Landflächen und Immobilien in der Schweiz. Der überwiegende Teil gehört der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Ihr obliegt damit eine grosse Verantwortung für die Erhaltung der Biodiversität in der Schweiz, die wahrgenommen werden muss.
Vorbildliche, umgesetzte Massnahmen
Seither sind viele Umweltschutzprojekte umgesetzt worden. Bislang sind 14 Militärbetriebe von der Stiftung Natur und Wirtschaft zertifiziert.
Vorzeigeprojekt ist zweifellos das Naturschutzgebiet Waffenplatz Thun. Die Panzer befahren das Gebiet nur in bestimmten, geeigneten Zeiträumen und schaffen immer wieder neue Tümpel. Im Winter wird auch gezielt das Gelände durchquert, um Verlandungen zu verhindern. Der Waffenplatz ist auch unter anderem Lebensraum für mehr als 40 verschiedene Vogelarten. Die vorhandenen wertvollen Trockenstandorte werden militärisch nicht genutzt. Das ganze Gebiet ist heute ein Naturpark und als Naherholungsraum sehr beliebt.
Dieses Beispiel zeigt: Armee und Umweltschutz muss kein Widerspruch sein.
Quellen und weitere Informationen:
Natur VBS
Umweltschutzausbildung der Armee
Waffenplatz Thun
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