Viele Gartenbesitzer wünschen sich vor allem einen pflegeleichten Garten, bei dem sie keinen Rasen mähen und kein Unkraut jäten müssen. Der Schottergarten scheint da die ideale Lösung. Doch dies sei Wunschdenken, widersprechen Experten. Durch Flugsamen schafft es das sogenannte Unkraut nämlich auch im Kies Wurzeln zu schlagen. Dieses aus dem Steinuntergrund wieder zu entfernen – oder auch nur Laub zu rechen – ist weitaus mühevoller als auf der Blumenwiese.
Pflanzen als Klimaanlage
Wer für ein angenehmes Klima in seiner Wohngegend sorgen will, sollte anstatt der Steinwüsten ein Pflanzenparadies schaffen. Bei Temperaturmessungen von begrünten und Schotterflächen zeigt sich deutlich, wie stark die Steine bei heissen Temperaturen aufheizen. An Tagen mit Temperaturen über 30 Grad erreichen sie Werte von bis zu 70 Grad! Auf den begrünten Flächen hingegen lassen sich Temperaturen von 35°C messen. Pflanzen sind aufgrund ihrer Transpiration, also der Wasserverdunstung während der Fotosynthese, die ideale Klimaanlage, und das kostenfrei und klimafreundlich. Ein weiter Nachteil der Schottergärten: Der mangelnde Wasserabfluss führt zu zusätzlichen Problemen bei der Entwässerung, beispielsweise bei Starkregen.
Arten- und blütenreiche Gärten anstatt insektenfeindliche Stein- und Schotterwüsten
Für ein besseres lokales Klima kann man also ganz einfach vor der Haustüre sorgen. Die sorgenfreie Variante für den Garten ist übrigens eine dicht mit Stauden bewachsene Fläche. Pro Quadratmeter sollten es 5-8 Stauden sein. Dann reicht das Sonnenlicht, das am Boden ankommt, nicht mehr für den ungewollten Pflanzenwuchs - das Unkrautjäten ist Geschichte.
Eine begrünte Fläche schützt nicht nur vor Überhitzung und Bodenversiegelung, sondern fördert auch die biologische Vielfalt. Schotter- und Kiesflächen sind für unsere Fauna und Flora ökologisch wertlos. Insekten finden auf den Steinen natürlich keinen Nektar oder Pollen, folglich werden sich auch keine Vögel antreffen lassen. Bei dem zu Artensterben, das in unseren Breiten die Insekten ganz besonders betrifft, sollte jede freie Fläche als Grünfläche genutzt werden, um das Artensterben aufzuhalten.
Baden-Württemberg: Verbot von Schottergarten
Laut des Umweltministeriums von Baden-Württemberg sind Schottergarten bereits seit Mitte der 90er-Jahre verboten. Die Formulierung habe bislang jedoch Schlupflöcher zugelassen, und vielen sei das Verbot auch unbekannt gewesen.
"Die nichtüberbauten Flächen der bebauten Grundstücke müssen Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden." Landesbauordnung, Baden-Württemberg (1995)
Die zunehmende Beliebtheit der Steinflächen bei den Gartenbesitzern veranlasste die Landesregierung von Baden-Württemberg nun, einen Gesetzentwurf für mehr Artenschutz beim Parlament vorzulegen. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause wurde die Änderung im Landesnaturschutzgesetz gutgeheissen und somit auch noch die letzten Schlupflöcher geschlossen. Das Anlegen neuer Schotterflächen ist nun generell verboten. Ausserdem appelliert der Ministerpräsidenten an die Hauseigentümer und Schotterbeet-Besitzer, die während der letzten 25 Jahren entstandenen Schottergärten freiwillig umzugestalten. (Ebenfalls sieht der Gesetzesentwurf vor, dass bis 2030 der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel auf 40-50% reduziert werden soll.)
Man kann sich hier – mit Blick auf eine mögliche Nachahmung – natürlich fragen, ob mit einem Verbot nicht hauptsächlich der Unmut statt einem Umdenken gestärkt wird: Auch Rasenflächen leisten ja keinen wesentlichen Beitrag zur Biodiversität. Doch angesichts des rasch voranschreitenden Biodiversitäts-Verlustes werden solche Massnahmen wohl zunehmend nötiger werden. Vorauseilende Abhilfe schafft allenfalls ein andauerndes Erstarken des Urban bzw. Suburban Gardening.
Quellen und weitere Informationen:
SWR: Verbot von Schottergärten
InfoFlora.ch: Bedrohte Lebensräume der Schweiz
Deutsches Budesamt für Umwelt: Insektenschutz
SRF: In 5 Schritten zur grünen Oase
Tagesanzeiger: Die Schweizer Gärten verschottern
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