Stoppt den Modewahnsinn: Secondhand statt Fast-Fashion

Auch Luxusmodelabels machen beim Secondhand-Trend mittlerweile mit.  Auch Luxusmodelabels machen beim Secondhand-Trend mittlerweile mit.

Ein T-Shirt, das für 5 Franken verkauft wird, kann nicht naturverträglich sein. Unser Modewahnsinn geht auf Kosten der Arbeiterinnen, der Umwelt und des Klimas. Die Nachfrage an Secondhand-Mode beschleunigt die Nachhaltigkeit in der Modebranche. 

 

Sich eine Welt ohne Kleidung vorzustellen ist unmöglich. Überall und ständig kommen wir mit Textilien in Kontakt: Sei es auf der Haut, als Arbeitgeber oder als Ausdruck der persönlichen Identität. Doch in den letzten 20 Jahren wurde unsere Kleidung vom Gebrauchsgegenstand zum Wegwerfartikel. Die Tragedauer unserer Kleidung ist um 40% gesunken, dafür hat sich die weltweite Produktion verdoppelt. So bietet die Textilbranche zwar hundert Millionen Menschen einen Arbeitsplatz, doch die billige und schnelllebige Fast-Fashion-Industrie hat immense Schattenseiten. Die Modebranche hat grosse negative Auswirkungen auf die Umwelt: Der hohe Wasser- und Ressourcenverbrauch beutet die Erde aus, giftige Chemikalien schädigen die Natur und die Gesundheit von Arbeiterinnen und Trägerinnen, und beim Waschen der Polyesterkleidung löst sich Mikroplastik, das sich im Meer sammelt. Ausserdem ist die Textilindustrie verantwortlich für 10% der weltweiten Treibhausgasemissionen. Dass immer billiger und schneller produziert werden kann, funktioniert nur über den Raubbau an der Natur und die Ausbeutung der Arbeiterinnen, die unter gefährlichen Arbeitsbedingungen für Niedriglöhne arbeiten.  

Kreislauf- statt Linearwirtschaft 

Das Problem ist, dass die Modebranche bisher nach dem falschen Wirtschaftsmodell operiert hat: Grosse Mengen an nicht erneuerbaren Ressourcen werden dazu genutzt, um die Kleidung herzustellen. Diese wird vom Konsumenten nur kurz getragen und landet dann meist im Müll oder wird zu einem minderwertigen Folgeprodukt weiterverarbeitet. Experten gehen davon aus, dass jährlich Kleidung im Wert von 500 Milliarden USD verloren geht, da nicht richtig rezykliert wird. Die Ellen-MacArthur-Stiftung will die Linearwirtschaft durch eine Kreislaufwirtschaft ersetzen. Dadurch könnten die Umweltbelastungen und der Ressourcenverbrauch minimiert und die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessert werden.  

4 Phasen der Kreislaufwirtschaft (nach Ellen-MacArthur-Stiftung) 
1. Qualität: Das Material soll eine lange Haltbarkeit aufweisen, von guter Qualität sein und mit weniger Umweltbelastungen produziert werden. 
2. Verwendung: Die Art, wie die Kleider entworfen und verwendet werden, muss sich so ändern, dass sie nicht so schnell im Müll landen. 
3. Recycling: Die Recyclingtechnologien müssen verbessert werden. Die Produktionsfirmen müssen von Anfang an eine Recyclingstrategie liefern. 
4. Reduktion: Der Einsatz an Rohstoffen muss reduziert werden und nur noch erneuerbare Ressourcen sollen genutzt werden. 

  

Es muss nicht immer neu sein - Secondhand-Boom 

Doch mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche kann nur in einem Zusammenspiel von staatlichen Regulationen, privaten Initiativen und einem veränderten Konsumverhalten gelingen. Erfreulicherweise nutzen mittlerweile immer mehr Menschen Apps zum Kleidertauschen. Laut einer Studie von ThredUp wuchs der Resale-Markt im Jahr 2019 um 50%, während der Gesamtumsatz des Detailhandels nur um 2% zunahm. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr weltweit gebrauchte Kleidung im Wert von 7 Milliarden USD verkauft. Der Lockdown im Jahr 2020 wird den Umsatz wahrscheinlich noch einmal deutlich steigern. Experten gehen davon aus, dass schon in 4 Jahren der Resale-Markt zum Umsatz-Niveau der Fast-Fashion-Industrie von 36 Milliarden USD aufschliessen wird. 

Kein Wunder, dass immer mehr grosse Modekonzerne nun auf den Secondhand-Zug aufspringen. Neben der Profitsteigerung verspricht ihnen der Secondhand-Markt auch neue Zielgruppen und eine dringend benötigte Imageverbesserung. Der grösste europäische Online-Anbieter Zalando bietet seit diesem Herbst in Belgien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen und den Niederlanden die Online-Shop-Kategorie «pre-owned» an. Dort wird dem Nutzer für das Eintauschen seiner Kleidung ein gewisses Entgelt geboten. Entscheidet sich der Nutzer dafür, kann er die getragenen, aber neuwertigen Kleidungsstücke kostenlos an Zalando schicken. Der Nutzer erhält dafür eine Gutschrift, die er entweder an Hilfsorganisationen spenden oder aber für neue Billigmode ausgeben kann. Eine Auszahlung des Geldes ist nicht vorgesehen. 

Der schwedische Textilkonzern H&M ist durch die Übernahme des Online-Händler Sellpy in den Secondhand-Markt eingestiegen. Dort werden nicht nur Kleider, sondern auch andere gebrauchte Artikel wie Schmuck oder Spielzeug gehandelt. Die Plattform gibt es schon in Deutschland, und sie wird wohl auch bald in der Schweiz online gehen. Verkaufen bei Sellpy soll so einfach wie möglich gemacht werden. Nachdem der Verkäufer seine Ware an die Firma verschickt hat, wird sie fotografiert, beschrieben und anschliessend in Rücksprache mit dem Verkäufer ein Produktpreis bestimmt. Liegt der Wert des Artikels unter 50 Euro, bekommt der Verkäufer beim Verkauf 40% des Erlöses, liegt er oberhalb dieses Betrages, erhält er 90%.  

Über diesen Online-Lösungen sollen die vielen sympathischen Second-Hand-Läden nicht vergessen gehen, die seit langem unsere Einkaufsmeilen und Quartierstrassen zieren. Auch die dortigen Angebote bieten reichlich Gelegenheit, den Modewahnsinn in die längst überfälligen Schranken zu weisen. 
 
 
 

Quellen und weitere Informationen: 
NZZ: Secondhand-Welle erreicht Zalando und H&M
Ellen Macartur Foundation: A New Textile Economy
Nikolay Anguelov: Fast Fashion and its negative impact on Environment and Society
McKinsey (Nathalie Remy, Eveline Speelman, Steven Swartz): Style that’s sustainable- A new fast-fashion formula

  

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail [email protected]

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.