Dabei ist die Nahrungsmittelspekulation nicht von Grund auf falsch. Die Spekulation kann für den Bauer auch eine Absicherung sein, dann wenn er beispielsweise mit einem Müller am Terminmarkt einen Fixpreis festlegt oder wenn ein Zwischenhändler (Spekulant) dem Bauer anbietet, Verluste zu übernehmen. Dieser profitiert gleichzeitig aber auch vom Gewinn, wenn er das Gleiche dem Müller anbietet. Diese Art von Spekulation lässt die Getreidepreise zwar leicht ansteigen, bietet für den Bauer und den Müller jedoch Planungssicherheit.
Durch die Lockerung entsprechender Gesetze in den USA wurde es Banken, Hegefonds und Versicherungen erlaubt, verstärkt mit Agrarrohstoffen zu handeln. Da die Weltwirtschaftskrise den Immobilienmarkt stark schwächte, versuchen die marktfremden Spekulanten zunehmend aktiv zu werden; dies mit der Absicht, Gewinne selbst bei fallenden Preisen zu erzielen. Auch in der Schweiz sind solche Konzerne und Agrarstoffhändler domiziliert.
Damit entsteht ein künstlicher Preisanstieg, der sich für die Bevölkerung vor Ort fatal auswirkt; die Menschen können sich die Nahrungsmittel nicht mehr leisten. Dies belegt der Nahrungsmittel Index, der zwischen 2006 und 2008 eine Preissteigerung von 71% auf essentielle Lebensmittel verzeichnete. Auf dem Reis- und Getreidemarkt stieg der Preis in diesem Zeitraum sogar um 126%! Gründe dieser Preisschwankungen liegen allerdings nicht nur in der Spekulation, sondern hängen auch mit weiteren Faktoren zusammen, wie beispielsweise dem Verfall des Dollar-Kurses oder schlecht ausfallender Ernten. Sie können diesen massiven Anstieg aber nicht begründen.
Die unabhängige Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam bezweifelt die Zusammenhänge zwischen Spekulation und Hungerkrise nicht. Ihre Studien haben ergeben, dass beispielsweise die bekannte, deutsche Versicherung „Allianz" in fünf Fonds sechs Milliarden Euro investierte. Mit der Kampagne „mit Essen spielt man nicht!" fordert Oxfam von den entsprechenden Finanzinstituten den Ausstieg aus der Nahrungsmittelspekulation. An jedem Prozent der Nahrungsmittelteuerung leiden nämlich zusätzlich 15 Millionen Menschen an Hunger. Klar ist jedoch, dass der globale Hunger nicht nur mit einem Rückgang der exzessiven Spekulation zu bewältigen ist.
Zwei Drittel der Hungernden leben nicht etwa in den Slums der Städte, sondern auf dem Land – also dort, wo das Essen erzeugt wird.
Felix zu Löwenstein, Food Crash
Anlässlich des Welternährungsgipfels von 1996 in Rom begann diese Thematik vermehrt eine wichtige Rolle zu spielen. Damals sahen die Staats- und Regierungschefs vor, bis 2015 die Zahl der Hungernden von damals 800 Millionen auf 420 Millionen annähernd zu halbieren. Dieses Vorhaben ist bisher kläglich gescheitert, denn laut der FAO (Welternährungsorganisation) leiden heute fast eine Milliarde Menschen an Hunger.
Oxfam Deutschland hat dazu eine interaktive Weltkarte publiziert, welche die Folgen des Klimawandels übersichtlich darstellt, darunter auch das Thema Ernährung.
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