Rotschlamm unschädlich machen

Rotschlamm soll künftig als Ausgangsstoff betrachtet werden: Dadurch könnten die Treibhausgasemissionen der Stahlproduktion verringert und der giftige Schlamm unschädlich gemacht werden.

Rotschlamm unschädlich machen
Neuer Ansatz für eine nachhaltige Behandlung von toxischen Abfällen aus der Aluminiumproduktion (Ivan Bandura, Unsplash)

Bei der Herstellung von Aluminium – genauer gesagt bei der Veredelung von Bauxit zu Aluminiumoxid – fällt giftiger Rotschlamm als Abfall an. Jährlich entstehen rund 180 Millionen Tonnen, die nicht weiterverwendet werden, da dies zu kompliziert und teuer wäre. Dadurch haben sich global mittlerweile vier Milliarden Tonnen angesammelt.
Forschende des Max-Planck-Instituts zeigen in einer Studie, wie Rotschlamm durch eine fossilfreie, Wasserstoffplasma-basierte Reduktion in einen wertvollen und nachhaltigen Rohstoff für die Eisenherstellung umgewandelt werden kann.

Alarmstufe Rot-Schlamm

Rotschlamm enthält zwar brauchbare Stoffe (bspw. bis zu 60 Prozent Eisenoxid), doch bislang war die Aufbereitung des Rotschlamms zur Gewinnung von solchen Rohstoffen zu aufwendig und teuer: Komplexe Auftrennungs- und Reinigungsprozesse über mehrere Schritte waren erforderlich. Deshalb werden weniger als drei Prozent des Schlamms recycelt. Der stark ätzende und giftige Rest landet in riesigen Becken oder wird mühsam getrocknet und auf Deponien gelagert. Diese Lagerungen gefährden die Umwelt sowie alles umliegende Leben – auch die Menschen.
Durch Rotschlamm verursachte Katastrophen gab es schon mehrere schon mehrere. Zuletzt brach im Jahr 2010 in Ungarn ein Damm, wodurch sich der Rotschlamm über rund 40 Quadratkilometer verteilte – mehrere Menschen starben, viele weitere wurden verletzt. Daneben wurden Gewässer verseucht und tonnenweise Böden mussten abgetragen werden.

Das neue Plasmaverfahren

Das Forschungsteam um Matic Jovičević-Klug hat nun einen Weg gefunden, wie das Eisenoxid im Rotschlamm einfach und profitabel abgetrennt und zu metallischem Eisen reduziert werden kann. Alles soll in nur einem Schritt passieren: In einem Elektrolichtbogenofen wird Wasserstoffplasma erzeugt. Gerät dieses heisse Wasserstoffplasma in Kontakt mit dem Rotschlamm, so löst das Plasma schon nach einer Minute chemische Veränderungen im Rotschlamm aus. Dabei wird das Eisenoxid zunächst thermisch zerlegt und in Titanomagnetit umgewandelt. Das Zwischenprodukt wird durch das Plasma weiterreduziert. Es entsteht metallisches Eisen, welches leicht abgetrennt werden kann.  

Die Ergebnisse der Versuche zeigen einen guten der Wirkungsgrad des Verfahrens: Nach etwa zehn Minuten werden gut 70 Prozent des im Rotschlamm enthaltenen Eisenoxids zu metallischem Eisen reduziert – mit nur 7 Prozent Eisen-Verlust durch Verdampfung. Dadurch, dass der Anteil an störenden Elementen wie Schwefel, Phosphor und Kohlenstoff vernachlässigbar klein ist, ist dieses gewonnene Eisen direkt für die Stahlproduktion nutzbar. Das macht das Verfahren auch wirtschaftlich attraktiv.

Wie das Verfahren der Umwelt zugutekommt

Durch die Plasmareduktion wird auch der pH-Wert des zurückgebliebenen Rotschlamms verringert. Der Schlamm wird neutralisiert. Ausserdem erstarrt dieses Gemisch zu einem stabilen Material. Die Schwermetalle sind somit gebunden und können nicht mehr mit Wasser ausgeschwemmt werden – wie es beim Rotschlamm passieren kann. Alle giftigen Komponenten sind entschärft. Die Forschenden meinen zudem, dass sich diese Rest-Materialien als Füll- und Bindemittel (in Beton, Asphalt, Farben etc.) eignen würden. Zudem vermutet das Team, dass sich mittels ähnlichen Plasmaverfahren auch andere Metalle gezielt aus dem Rotschlamm extrahieren liessen.

Neben der beseitigten Gefahr der Kontamination könnte durch das Verfahren auch Kohlendioxid eingespart werden. Aktuell ist die Stahlindustrie für rund sieben Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, wobei das meiste bei der Gewinnung von metallischem Eisen freigesetzt wird. Berechnungen zeigen, dass aus dem weltweit angesammelten Rotschlamm durch das vorgeschlagene Verfahren knapp 700 Millionen Tonnen grüner, CO2-freier Stahl gewonnen werden könnten. Die Forschenden betonen, dass dies fast 1,5 Milliarden Tonnen Kohlendioxid einsparen würde.