Pedosphäre – Vielfalt stärkt den Boden

Der Boden ist dafür gemacht, einen Lebensraum für eine grosse Vielfalt an Lebewesen zu bieten. Dafür erhält er auch Gegenleistungen. Diese Wechselwirkungen werden jedoch zunehmend gestört.

Pedosphäre – Vielfalt stärkt den Boden
Biodiversität bildet das Fundament für eine gestärkte Natur. (Jeyaratnam Caniceus, Pixabay)

Im letzten Artikel der Artikelserie «Pedosphäre» ging es unter anderem darum, dass Bodenschutz Biodiversitätsschutz ist. Das gilt auch andersherum: Biodiversitätsschutz ist Bodenschutz.
Forschende fanden durch eine Langzeitstudie heraus, dass ein artenreicher Pflanzenbewuchs ein Bodenökosystem sehr effektiv vor Schädigungen durch Wetterextreme schützt.

Was ist Biodiversität?

Im Allgemeinen steht Biodiversität – auch biologische Vielfalt – für die Variabilität (Vielfalt) unter lebenden Organismen: Dazu gehört die Vielfalt zwischen verschiedenen Arten (Artenvielfalt), die Vielfalt innerhalb dieser Arten (genetische Vielfalt) aber auch der Bestand an unterschiedlichen Ökosystemen (bspw. Wiesen, Wälder oder Seen). Doch auch die Vielfalt der Wechselwirkungen zwischen und innerhalb der Arten sowie zwischen den Ökosystemen wird unter dem Begriff «Biodiversität» verstanden.
Je reicher an Tier- und Pflanzenarten, desto robuster ist das Ökosystem und umso besser kann es sich an Umweltveränderungen anpassen.

Eine hohe biologische Vielfalt hat auch einen hohen wirtschaftlichen Wert. Die sogenannten Ökosystemleistungen messen die wirtschaftlichen Leistungen, die ein Ökosystem durch seine Biodiversität vollbringt. Beim Boden und der Landwirtschaft ist diese Beziehung offensichtlich. Aber auch beispielsweise die Tourismusbranche und die Medizin profitieren von der biologischen Vielfalt.

Globale Biodiversitätsverluste…

Jeden Tag stirbt eine ungeheure Anzahle an verschiedenen Tier- und Pflanzenarten aus – Schätzungen gehen auf bis zu oder sogar über 130 Arten täglich. Mit der Abnahme der Artenvielfalt geht natürlich auch die genetische Vielfalt verloren. Häufig basieren die Verluste auf der Zerstörung der Lebensräume – wie z.B. dem Boden, der vielen natürlichen und menschgemachten Gefahren ausgesetzt ist. Dies führt letztlich zur Beeinträchtigung der gesamten Ökosystemfunktionen, die grundlegend für uns sind.
Oft wird dieser Verlust mit Riffen oder Regenwäldern assoziiert, doch auch in der Schweiz steht es schlecht um die biologische Vielfalt. Seit 1900 hat die Biodiversität in der Schweiz deutlich abgenommen. Wie das BAFU mitteilte, sind rund ein Drittel der Arten und die Hälfte der Lebensräume bedroht. In der Schweiz ist der Zustand aller Ebenen der Biodiversität – Artenvielfalt, genetische Vielfalt, bei den Lebensräumen und den Wechselwirkungen – mangelhaft.
Das ist natürlich auch für die Ökosystemleistungen schlecht, die uns unser tägliches Brot auf den Tisch bringen. Ihr Verlust gefährdet die Existenzgrundlage der Menschen sowie die wirtschaftlichen Leistungen eines Landes.

…und was sie mit dem Boden machen

Eine geringe biologische Vielfallt führt zu einer geringeren Bodenfruchtbarkeit und -produktivität. In der Landwirtschaft wird daher zunehmend versucht, die Diversität an Pflanzen und Bodenorganismen möglichst hochzuhalten: Durch angepasste Fruchtfolgen – d.h. Abwechslung von verschiedenen Kulturen und Grasland –, reduzierte Bodenbearbeitung und Vermeidung von Bodenverdichtung. Auch die Düngung mit Mist oder Kompost schütz den Boden – wobei auf einen sparsamen Umgang mit Pflanzenschutzmittel geachtet werden muss. Das Ziel des Schutzes der Biodiversität in der Landwirtschaft beruht demnach in erster Linie auf dem Bodenschutz.

Forschende fanden in dem Zusammenhang heraus, dass sich Erträge durch die Anreicherung von Mykorrhiza-Pilzen im Boden um bis zu 40 Prozent steigern lassen. Sie betonen jedoch, dass sich diese Methoden nur bei bestimmten Diagnosewerten des Bodens lohnt, da die Gewinne primär auf dem Schutz der Pflanzen vor anderen, krankheitserregenden Pilzen basiert.
Bereits vorgängige Studien haben gezeigt, dass eine Austausch-Beziehung zwischen einigen Pilzen und Pflanzen – eine Mykorrhiza-Symbiose – eine positive Auswirkung auf das Pflanzenwachstum hat.

„Die Ergebnisse unserer Feldversuche sind ein großer Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Landwirtschaft“.
- Marcel van der Heijden, Universität Zürich

Biodiversität stärkt aber nicht nur die Fruchtbarkeit resp. Produktivität; eine hohe Vielfalt an Pflanzenarten schützt den Boden auch vor schädlichen Temperaturschwankungen durch Wetterextreme; denn dort, wo sich Diversität entfalten kann, ist die Natur besonders stark.
In einer Langzeitstudie des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) kamen die Forschenden auf folgende Ergebnisse: Je mehr verschiedene Arten den Boden bewuchsen, desto besser ist der Boden vor Überhitzung geschützt. Aber auch in kälteren Zeiten bieten die Pflanzen Schutz, indem sie die Wärme speichern. Eine hohe Diversität dient also als natürlicher Puffer und sorgt damit für Stabilität.
Wichtiger als die Puffer-Funktion sei jedoch die aus der hohen Biodiversität entstehende Biomasse im Boden. Sie führt dazu, dass es zu weniger Wärmeleitung in den obersten 60 Zentimetern des Bodens kommt.

„Unsere Forschung betont, wie wichtig es ist, die biologische Vielfalt in unseren Ökosystemen zu erhalten und zu fördern, um die Umwelt zu schützen und eine nachhaltige Zukunft zu sichern“
- Prof. Dr. Nico Eisenhauer, iDiv

Dieser natürliche Mechanismus hilft auch bei der Verlangsamung der globalen Erwärmung. Die Wissenschaftlerinnen heben hervor, dass gestärkte Ökosysteme wiederum Kohlenstoff im Boden binden.